Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique,
financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Bureau à Paris Paris, 4. Juni.
Mein lieber Freund,
In Eile nur ein Wort des Dankes für Deinen lieben Brief!
So i
st es al
so abgemacht: Ich komme nach
Dänemark, – immer unter
Vor der Voraus
setzung, daß die
weite Rei
se nicht über meine Mittel geht. Kann
st Du mir mittheilen, was man ungefähr
pro Tag in
Scottsborg braucht?
|Ich freue mich unendlich darauf,
Dich wiederzusehen. Du wir
st mir wohl noch weitere Details angeben. Wann rei
st
Richard? Zurück will ich dann über
Berlin gehen.
Die Ernennung von
Antoine zum Director des
Odéon eröffnet uns eine
unverhoffte Aus
sicht, Dein
Stück doch noch hier auf ein großes Theater zu bringen. Näch
stens mehr
darüber.
|M. Christian Schefer be
suchte mich die
ser Tage u.
sagte mir, er habe einen
Artikel über Dich ge
schrieben, und der
selbe werde bereits in
den näch
sten Wochen er
scheinen. Er hat natürlich auch einige Aus
stellungen gemacht,
und ich habe mich wohl gehütet,
zu ihn daran zu
verhindern (
so dumm ich auch
seine Einwände finde). Die »
Nouvelle Revue« i
st, wie Du
|weißt, von der Deut
schen-Feindin
Madame Adam redigirt. Noch nie i
st darin ein ausführlicher Artikel über einen deut
schen
Schrift
steller er
schienen; die
Besprechung, die Dir
M. Schefer widmet, i
st darum noch aus die
sem be
sonderen Grunde ehrenvoll für Dich.
Von mir
soll ich Dir
schreiben? Was denn, bitte? Ich weiß
|nichts, was Dich intere
ssiren könnte. Mein Leben
steht überdies fa
st jeden Tag in der
Frankfurter
Zeitung.
Die »
Illustration«
schicke ich Dir die
ser Tage.
Gewiß,
Dehmel i
st mir widerwärtig – oh, und wie!
Gewiß, der kleine
Loris i
st nicht manierirt,
|sondern ehrlich – oder
vielmehr
seine Manier i
st Ehrlichkeit. Aber das i
st eben das Schlimme, das eine
so
ungün
stige
Prog Progno
se rechtfertigt.
W Wenns nur in der Haut
säße! Aber es
sitzt tiefer, im Kern. Man hat dem kleinen
Burschen solange
eingeredet, daß er ein Genie i
st, bis er dahin gekommen i
st, jeden Sprung
seiner
Gedanken für genial zu nehmen.
|Er hat nicht eine
der nothwendig
sten Eigen
schaften des Talents: Selb
stzucht. Er empfindet drauf los und
schreibt
idem. Auch
liegt Verbildung vor, – Über
stopfung mit Wi
ssenskram. Man hat die
sen jungen
Mann sy
stemati
sch zum Dichter
ausbilden wollen, und das geht nicht. Die
Goethes la
ssen
sich nicht züchten. Das
Be
ste in der Entwickelung
|thut der Zufall (oder das
Leben, wenn man dem
selben Ding einen anderen Namen geben will, oder die Natur, was
auch das
selbe i
st).
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund!
Dein treuer
Paul Goldmann.