Directeur M. L. Sonnemann. Paris, 8. December.
Journal politique, financier,
commercial et litteraire.
Paraissant trois fois par jour
Mein lieber Freund!
Dank für die Kritiken; ich kannte
sie größtentheils
schon. Drei oder vier ver
stehen Dich oder geben
sich wenig
stens ehrliche Mühe, Dich zu ver
stehen. Der kleine
Salonblatt-Mann, der
Dich Dir zum Lu
st
spiel räth, i
st auch auf der richtigen Fährte. Du brauchte
st
unbedingt ein paar Monate
Pariser Theater; Du
würde
st die unermüdliche An
strengung des jungen Stücks
sehen, objectiv, kurz, natürlich, lu
stig zu werden. Das i
st der
Weg,
|der geradeaus in die Zukunft geht. Das i
st
auch der Weg Deines Talents. Ein Lu
st
spiel, theuer
ster Freund, – oder ein Schau
spiel,
aber ohne Herzensergü
sse! Könnte
st Du Dich nur mit meinen Augen
sehen – Du würde
st
keinen Augenblick mehr zögern, und in einem Jahre wäre die Vollendung da, in
Production wie Erfolg. Bitte
schreib’ mir ein Wort über Deine Pläne.
Bahr – der kränkt Dich
so? Er i
st frech, größenwahn
sinnig, unaus
stehlich doctrinär.
E Der
Verweis auf
seine »
Neuen Menschen« i
st eine glatte Gemeinheit. Und doch finde ich ihn nicht re
spectlos; und
doch finde ich, daß
|er manches Richtige
sagt.
Vielleicht aber fehlt mir auch das richtige Urtheil; ich bin
so außer Zu
sammenhang
mit den
Wiener Verhältni
ssen. Heiter i
st nur, wie
der
Bursch franzö
si
sche Dinge
citirt
.»
Le grappin«, das
Théâtre-Libre-Stück, von dem er
spricht,
behandelt etwas ab
solut Anderes als das, was er behauptet. Ein frecher Schwindel, um
sich in allen Sätteln moderner
↓französischer↓
Literatur gerecht zu zeigen.
Granichstaedten hätte ich an Deiner Stelle geohrfeigt. Das i
st keine
Kritik,
sondern ein Ga
ssenbuben
streich.
Freut mich, daß Du nicht
|verbittert bi
st. Das
gehört
sich auch
so. Ich meine, Du kann
st mit Deinem
Debüt sehr zufrieden
sein. Man gibt Dir
Credit, und das i
st enorm für einen Jungen.
Ha
st Du
Loris über Bauernfeld gele
sen? Wie aus die
sem gottbegnadeten
Menschen die entzückenden Dinge
herausquellen,
so leicht und
sprudelnd. Ein
Dichter! Derjenige vielleicht, den man
seit fünfzig Jahren
erwartet!
Grüß’ ihn von mir, denn ich habe keine directe Verbindung mehr mit ihm; grüße auch
Richard aus
selbigem Grunde;
sei
selb
st herzlich
st gegrüßt und
schreibe bald!