Ich habe die mit ungeduldiger Spannung erwartete
Sendung erhalten. Habe mich zunäch
st an dem äußeren Eindruck
geweidet und mich mit der merkwürdigen That
sache befreundet, daß da vor mir auf
blauem Einband
× ein mir theurer Name
stand, ein Stück Literatur geworden. Und habe mich dann
athemlos, athemlos an die Lectüre gemacht und die lieben
Seiten ver
schlungen, was ich nicht kannte
zuer
st – »
Abschiedssouper«, »
Agonie«, wo ich be
sonders in letzterem
|einfach göttliche Sachen gefunden habe – und was ich
kannte darauf. Und es war eine kö
stliche Stunde, und ich
stand wieder unter dem Banne
Deines lieben Gei
stes, mit all’ dem Warmen, Weichen und Traulichen, das er für mich
hat und das in meinem wü
sten Leben eines der wenigen guten Dinge gewe
sen i
st. Aber
ich habe auch als Literat gele
sen, als Kritiker wenn Du will
st. Ich habe zugleich als
Freund gele
sen und dann wieder als der Mann, der das
Buch des blauen Einbands wegen auf
schlägt
und fragt: »
Arthur Schnitzler? Wer i
st das?« Und ich
schwöre Dir, nach abermaliger Prüfung Deiner und meiner
selb
st, nach einer Prüfung,
|die von jener neidvollen Strenge des Erfolglo
sen
gegen den Erfolgreichen, des Zurückgebliebenen gegen den Vorwärts
schreitenden erfüllt
war, nach alledem kann ich Dir nur Eines ver
sichern: So wie Dein
Buch Dich mir zeigt, bi
st Du ein großes,
herzerquickendes, gottbegnadetes, zukunftsreiches Talent. Ich drücke Dir
glückwün
schend beide Hände ange
sichts die
ses kleinen er
sten
Bandes, der mir die Kunde davon bringt, daß
für Dich die Zukunft beginnt, die ich für Dich geträumt habe. Und ich glaube mich
zu
der Verheißung berechtigt, daß die
se Zukunft groß und reich
sein wird, wenn Du jetzt
|M↓s↓ta
×××↓rk↓ bleib
st, wo die ern
sten Prüfungen Deiner harren, welche keinem Kün
stler
er
spart werden, wenn er in die Öffentlichkeit tritt. Ich weiß nicht, wie ich es
machen
soll, damit Dir die
se Worte nicht altweiberhaft klingen,
sondern
so treu und
ehrlich wie
sie gemeint
sind. Ich weiß nur, daß ich es gerade jetzt dringender als je
wün
sche,
and an Deiner Seite zu
sein. Und es thut mir in der Seele weh, daß ich Dir nur aus
der Ferne
sagen kann in einem Briefe, der nur einmal zu Worte kommt und dann in einer
Schublade ver
schwindet!
|Laß’ Dich nicht ablenken
oder entmuthigen, wenn hier und da die große Dummheit ihre Stimme gegen Dich erheben
sollte
n. Glatt geht es nicht hinauf. Und das »
Il faut se maintenir tout-de-même«, das mir ein Mal ein armer Teufel von einem Collegen
sagte, der gar hart mit der
Dummheit und Gemeinheit zu ringen hatte, i
st ein furchtbar platter und alltäglicher
Wahl
spruch, aber man kann doch daraus unter Um
ständen eine Rie
senmenge von
|Tro
st und Stärke ziehen.
So hab’ ich getreulich Alles erwogen, das Gute und das Schlimme. Und zuletzt kehre
ich nochmals zum Guten zurück und danke Dir für die Freude, die das kleine blaue
Buch in mein Zimmer gebracht
hat, und
scheide von Dir mit dem allerwärm
sten aller Glückwün
sche. .