Im Abrei
sefieber mußte ich Deinen letzten lieben Brief unbeantwortet la
ssen. Er
st
heut finde ich die nöthige Zeit und Ruhe zu einer
Zeile Antwort. Da
sitze ich in halber Schlaftrunkenheit und reibe mir die Augen. Das
blaue, blaue Meer blinkt zum Fen
ster hinein und rau
scht mir in die Ohren (
Atlantisches ↓r↓ |Ocean, mein lieber Arthur,
Golf von Gascogne.) Und ich frage mich: wie
ko komme ich hierher
a↓in↓ den blauen, blauen Süden,
und an die
Grenzmarke von
Frankreich und
Spanien (Su (Südwe
stgrenze, mein lieber Arthur) – ich, der ich ge
stern noch im
Café Pfob saß und die bekannte
Caféhaus-Ecke mit Aphorismen austapezierte.
Und da will
st Du noch
Lachen über »die Fäden«?
Das i
st wunderbar
.↓,↓ all’ das. Aber Du
|weißt, daß das
Wunderbare nicht das Glückliche i
st. Und meine Rei
se, die objectiv wunder
schön i
st,
i
st es
subjectiv um
so weniger. Schlaftrunken la
sse ich mich durch die Welt
schleppen. Und mitten in
s der himmli
schen Herrlichkeit des Südens
schwirrt mir der Fledermaus
schwarm
meiner Sorgen unaufhörlich um das Haupt, Tag und Nacht, Tag und Nacht. Das Glück?
Überall, wo ich hinkomme: »Eine Empfehlung,
|und es
i
st ge
stern dagewe
sen«. Ich habe nur ein nervö
ses Bedürfniß nach
Locomotion in mir, halte es
nirgends aus und habe
stets eine Stimme in mir, die mir
sagt: »Dort drüben i
st es
schöner.« Und
so geht es weiter und weiter: übermorgen
nach
San Sebastian (Nord
spanien, mein lieber Arthur), dann
nach den
Pyrenäen, dann wieder heim. Überall
unterwegs bin natürlich
|bitterlich allein. Kein
Men
sch zu finden in die
sem verdammten Lande. Mit dem deut
schen Accent
scheucht man
die Leute von
sich fort,
als und man
sitzt im
Coupé und im W
irthshaus
so
gemieden, als wäre man der Scharfrichter der zu einer Hinrichtung fährt. . . .
Mein
Onkel i
st in
Salzburg (
Faberhaus).
|Wenn Du ihn einmal über den Sonntag
be
suchen könnte
st, möcht’ er
sich rie
sig mit Dir freuen. Bitte,
fahr
’ doch einmal hinüber. Ich weiß Euch zwei gerne zu
sammen,
die Ihr mir die theuer
sten
Freunde seid. Du kann
st all’ Deine literari
schen Angelegenheiten mit ihm
be
sprechen, und be
sseren
sachver
ständigen Rath kann
st Du Dir
|nicht wün
schen. Mußt’ Dich aber vorher anmelden,
damit er nicht etwa auf Ausflug i
st. . . .
Dich im September wiedersehen? Schönste aller Aussichten! Aber
glaubst Du, ich glaub’s? . . . .
Bitte,
sei brav’ und
schreib’ mir eine Zeile nach
Pau,
Pyrénées,
Poste restante, wo ich Mittwoch einzutreffen gedenke. Erhält
st Du
|meinen Brief zu
spät,
so
schreib’ mir, bitte, nach
Cauterets,
Pyree Pyrénées,
Post restante.
Und was wird aus
Richard? Keine Zeile von ihm
seit dreiviertel Jahren!
Ich umarme Dich herzlichst!
Dein
treuer
Paul Goldmann.