Un
ser alter Streit! Aber ich fürchte, Deine Kun
st läuft in einen Irrweg hinein, wenn
Du Dich immer wieder von die
sen Ideen leiten läßt. Darum noch ra
sch drei Worte. Es
gibt keine Kun
st, meine ich, die
so
fa den Ma
ssen angehört, als die dramati
sche. Es i
st
sogar das We
sen die
ser Kun
st
und ihre eigentliche Aufgabe: Alles in den Ma
ssen
sichtbaren und fühlbaren
Proportionen auszudrücken. Der Dramatiker bearbeitet nicht
seinen Stoff,
sondern das
Publicum. Das Publicum i
st das Rohmaterial des Bühnendichters. Und die Kun
st, ein
Stück zu
schreiben, i
st eigentlich die Kun
st,
sich ein Publicum
resp. sich
das Publicum
|zu dem
seinen zu machen. Wer al
so bei
seinen
dramati
schen Arbeiten von der Ma
sse ab
strahiren will, gleicht dem Maler, der
seine
Bilder in die Luft malt. Es gibt kein Theater für Fünf, es gibt nur
ein Theater für
Alle.
Stücke für fünf Leute
schreiben i
st keine Kun
st mehr,
sondern ein Sport. Ander
seits
i
st es weit gefehlt, daß alle Stücke »
Hochzeiten von
Valeni«
sein müßten. Man
soll nicht
theatralisch sein,
sondern nur dramati
sch. Intim, fein,
sen
sitiv, meinetwegen, aber
dramatisch. Und der letzte
Act des »
Märchens« i
st
nicht dramati
sch. Daß du aber ein Dramatiker bi
st,
|das bewei
st der er
ste Act. Al
so keine kün
stlichen Synthe
sen einer neuen Kun
st,
bitte! Die Erfindung der neuen Kun
st i
st nur ein Auskunftsmittel, um den
Schwierigkeiten der alten auszuweichen. Darum
soll
st Du
schreiben – Du kann
st es, ich
gebe Dir mein Ehrenwort – aber keine Stücke für Zimmer mit rother Ampel-Beleuchtung
und heruntergela
ssenen Jalou
sien. . . . .
Hermann Bahr? Wie
so kommt der zu Euch? . . .
Richard thut mir
sehr weh, weil er mir nicht
schreibt. . . . .
Ich? Verlange nichts zu hören! Tro
stlos! Der Käfig, der bisher in
Brüssel stand, i
st nun nach
Paris übertragen; und die Gefangen
schaft wird nur
|um
so bitterer dadurch, daß
Paris vor den Gitter
stäben zu
sehen i
st. Talentlos, muthlos,
gewi
ssenlos! Lang
schläferi
sch und zeitvergeuderi
sch! Am 1. Januar
soll ich meinen Dien
st beginnen u. weiß nicht
das davon! Sechs Monate höch
stens wird’s dauern; dann
schicken
sie mich fort. Faul, faul bin ich. Ich hab’s jetzt heraus: wir nennen uns
andere, um einen Vorwand zu haben, charakterlos zu
sein. . . .
Mit Empfehlungen kann
st Du mir unendllich nützen. Ich bin fa
st ganz im Stich gela
ssen
worden u. brauche Beziehungen wie das Brot. Schaff’ mir, bitte, was Du mir
schaffen
kann
st. Auch wenn die andern Freunde mir ein wenig helfen wollten, wäre ich
sehr
dankbar. Oder gar Dein Herr
Porges! Grüße Dich Gott, mein lieber Alter!