Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 12. [1891]

|Paris, 18. December.

Mein lieber Arthur!

Ich habe gerade deinen Brief erhalten u. laufe rasch in das nächstliegende Café de la Paix hinein, um mir meine Freude von der Seele zu schreiben. Wie froh ich bin, Unrecht gehabt zu haben! Ich beglückwünsche Dich innig und von ganzem Herzen, und ich rufe aller guten Engel Beistand auf Dich herab, auf daß das große Werk gelinge. Ist der Wind Dir nur ein wenig günstig, so bist Du von heut auf morgen ein in ganz Deutschland bekannter Mann. Wie eitel ich darauf bin, daß ich so fest an Dich geglaubt. Nun aber folge mir ein wenig, mein lieber Junge (entschuldige, es ist nicht wegen der Jugend, sondern |wegen der Herzlichkeit) und sei nicht bockbeinig und mache die Änderungen, die erfahrene Theaterpraktiker von Dir verlangen, so roh sie Dir auch erscheinen mögen. Das Geheimniß des Erfolges liegt nicht am Wenigsten in der Kunst, Concessionen zu machen. Vor allem muß der dritte Akt umgearbeitet werden – muß, glaube mir! Wenn Du die lauten Explosionen verabscheust – gut! Aber conciser, compacter, kräftiger ansteigend und einheitlicher muß die Sache werden. Eine Kleinigkeit: mach’ Moritzki etwas komischer! |So ist er zu trocken und ledern. Der polnische Accent allein genügt nicht; es muß auch in den Worten etwas sein. Ich bitte Dich, mich über die Änderungen au courant zu erhalten. Vielleicht daß ich doch etwas noch dazu bemerken kann! Und nochmals: von ganzem Herzen Glückauf! Das Leben ist doch manchmal auch gut, und das war eine freudige Überraschung heut Abend . . . .
Vielen Dank für die lieben Empfehlungen!
Grüß’ Dich Gott!
Dein
Paul Goldmann
verte!
|Darf ich Herzl dein Stück geben?
Dabei fällt mir ein, daß dieser Erfolg in nächster Saison mich einen Freund kosten wird. Du wirst wohlwollend gegen mich werden. Enfin, c’est la vie ça!
    Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar