Arthur Schnitzler an Marie Herzfeld, 7. 3. 1931

|7. 3. 1931

Verehrtes Fräulein.

Dass es sich bei dem in Hofmannsthals Brief vom 19. Juli 92 und am 4. August erwähnten Renaissancedrama schon um die Vorarbeiten zum »Geretteten Venedig« handeln könnte, halte ich für durchaus unwahrscheinlich; Positives kann ich freilich nicht behaupten. Ich vermag mich auch nicht zu erinnern, dass Hofmannsthal mir später von dieser fünfaktigen Renaissancetragödie »dramatisierter Novelle«, äusserlich im Stil von »Romeo und Julie« später wieder gesprochen oder mir Verse daraus vorgelesen hätte. Immerhin wäre es denkbar, dass Stellen aus dem Entwurf in andere Werke von ihm übergegangen sind, vielleicht sogar ins »Gerettete Venedig«.
Möglich auch, dass er mir seinerzeit mehr von jener Tragödie erzählt oder mir manchmal auch daraus vorgelesen hätte; – das wäre ja bald 40 Jahre her und man hat ja leider mancherlei vergessen.
Ich freue mich, nach so langer Zeit wieder einmal direkt von Ihnen etwas gehört zu haben und bin mit herzlichen Grüssen
Ihr aufrichtig ergebener

Fräulein Marie Herzfeld,
Wien III.
Oetzeltg. 1.
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