Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 4. 8. [1892]

|Fusch
4 VIII.

Lieber Arthur.

Da haben Sie die Märchenkritik der Herzfeld. Ich habe ihr für die sympathische Ausführlichkeit gedankt und ihr von dem Erscheinen des Anatol-Buches gesprochen; wie heißt denn der Verlag? –
Ich habe den ersten Act (654 Verse) vollendet, den zweiten beinahe.
Unsere Art zu arbeiten (im Drama) ist nicht gar so verschieden, wie Sie anzunehmen scheinen; was ich |aus späteren Acten vorausarbeiten kann, sind nicht geschlossene Scenen, sondern reine Farbenskizzen: Worte und Dialogstellen, die oft dann gar nicht wirklich aufgenommen werden, mir aber als Parfümflaschen, als Stimmungs-Accumulatoren und -Condensatoren dienen, damit die Suggestion im Laufe der Detailarbeit nicht verloren geht; das ganze hängt wahrscheinlich mit meiner Ihnen gegenüber mehr lyrischen, mehr auf Farbe hinarbeitenden Technik zusammen. Wie lange |bleiben Sie in Wien? kann man Ihnen während der Waffenübung schreiben?
Ich freue mich sehr auf die Novelle; ich hoffe Sie werden nichts vor meiner Rückkehr vorlesen.
Ich bin vom 7ten31ten August in Strobl bei Ischl.
Herzlichst grüßend
Loris.
P. S. Was die Herzfeld von nothwendiger Technik für Bühnenfernwirkung und von »concentrierter« Natürlichkeit des Dialog’s sagt, scheint mir sehr vernünftig; |es ist dies thatsächlich die Erfahrung des allerletzten Theaterjahres für jeden Objectiven und für künftige Arbeiten nicht unwichtig: ganz die gleichen Rathschläge, mit zahllosen anderen höchst wertvollen, finde ich in den kritischen Studien von Otto Ludwig, aus denen ich hier mit Genuss und innerer Freude eine Menge lerne. Über Technik des dramatischen Dramas zum Unterschied vom herrschenden Novellendrama muss überhaupt nächsten Winter bei Ihnen sehr viel geredet werden.
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