Arthur Schnitzler an Hermann Bahr, 16. 2. 1930

Wien 16. 2. 930
Mein lieber Hermann, nach so langer Zeit hör ich wieder was von dir – und da verleihst du mir gleich den Nobelpreis!
Ich fühle ganz wie du: dass Hugo derjenige gewesen ist, der ihn hätte bekommen müssen. Leider könnte ich diesmal nicht wieder aussprechen – wie seinerzeit als ich (noch dazu für das Zwischenspiel!) den Grillparzerpreis erhielt, dass der eigentlich Hofmannsthal gebühre. Auch damit hast du recht: »melden werd ich mich nicht, vielleicht weniger aus »Bescheidenheit«, als aus Bequemlichkeit und einer immer wachsenden Gleichgiltigkeit gegen alle Arten von äußeren »Ehrungen« u was man so nennt.
Dein »Tagebuch« les ich natürlich immer – so bedürfte es also kaum einer freundlichen persönlichen Bemerkung, – und umso mehr dank ich dir. Ich weiss nicht, ob du meine kleinen Bücher »Geist im Wort und in der That«, u mein Buch der Sprüche u Bedenken erhalten hast – ich würde sie dir gern schicken, auf die Gefahr hin, dass du mit vielem nicht einverstanden sein wirst.
Es wär schön wenn man einander wieder sähe . . »Einer von uns wird es einmal bedauern  . . « wie Hugo immer sagte. –
Ich grüße dich herzlich in alter Freundschaft
Dein
Arthur