Christiane Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 3. 9. 1929

|Bad Aussee, 3. September 1929

Lieber Arthur,

Du kennst den Wunsch der neuen Rundschau, in dem Sonderheft im November einige von Papas Briefen abzudrucken. Ich glaube, dass man sich dieser Absicht nicht ganz verschliessen soll, da wir sonst aus dem Nachlass sehr wenig für diesen Zweck Geeignetes zur Verfügung stellen konnten und es uns daher lieb wäre, wenn der Raum, der mit Papas eigenen Sachen erfüllt ist, etwas grösser würde als das Geschreibe über ihn.
Die Briefe sind alle wunderschön, aber wie Du selbst gesehen haben wirst, doch sehr schwierig in ihrem ganzen Umfang zu veröffentlichen, sie sind zu intim im Ton, sprechen viel von Menschen und Zeitdingen, was vielleicht jetzt noch etwas frühe wäre, und ausserdem ohne Deine Gegenbriefe nicht sehr sinnvoll.
Wir haben daher aus einigen Briefen Auszüge gemacht, die auf Papas Schaffen und seine Werke Beziehung haben, und sende Dir dieselben zur Einsichtnahme ein. Ich lasse aber noch einige aus späteren Jahren, die wir noch nicht ganz gesichtet haben, nachfolgen. Ich würde es für richtig finden, in diesem Heft, als Vorläufigstes, nur solche, gleichsam biographisch erklärende Briefe aufzunehmen, denn alles andere bedürfte zu viel Commentares und wäre auch verfrüht.
Falls es Dir in dieser Form geeignet scheint, lass es uns oder am Liebsten Dr. Kayser, der einen Durchschlag hat, wissen, ebenso auch falls Du im Einzelnen oder im Ganzen Einspruch erheben möchtest, was natürlich völlig Dir überlassen bleibt. Die Briefe ganz und ungekürzt zu nehmen erschiene mir heute noch nicht richtig, ich weiss natürlich nicht, wie Du darüber denkst.
Mit innigen Grüssen von uns allen
 [handschriftlich:] Christiane
|Von den schönen Briefen, Deine Werke betreffend, halte ich den jetzigen Zeitpunkt auch noch verfrüht zur Veröffentlichung, meinst Du nicht?
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