Georg Brandes an Arthur Schnitzler, 5. 3. 1913

|Herrn Dr. Arthur Schnitzler

|5 März 13

Mein verehrtester Freund

Ich erhalte hier (Hotel Métropole, Taormina) Ihren liebenswürdigen Brief, der mir zeigt, dass ich Unrecht hatte zu glauben, was die Professorin Zuckerkandl mir in Wien über den Anlass Ihres Schauspiels erzählte. Ich bitte Sie meinen Irrthum zu entschuldigen. Man sollte nie Vertrauen an dergleichen Mittheilungen haben.
Ich habe nie die Uebersetzung jenes vor Monaten geschriebenen Artikels gesehen, und ich hatte sogar ganz vergessen, dass ich vor Monaten den Photographen in Paris bat, Ihnen mein Bild zu senden.
Es geht mir mit Ihnen heute, wie es mir wöchentlich mit meiner liebsten Freundin geht, die augenblicklich, auf einer Seereise begriffen, sich in Hongkong befindet. Wenn Ihre Antworten kommen, verstehe ich sie kaum, weil ich meine alten Briefe ganz vergessen habe.
Ich war nach Paris in Pallanza, Rom, Neapel, Palermo und längere Zeit in Tunis, das mir sehr gefiel trotz des ungünstigsten Wetters.
Ich soll im April in Neapel und Rom reden, denke etwa am 1 Mai in Kopenhagen zurück zu sein. Hier bleibe ich ungefähr |drei Wochen. Hier hab ich endlich Sonne gefunden.
Habe ich mich auch unrichtig ausgedrückt, können Sie wenigstens nicht meine freundschaftliche Gesinnung bezweifeln.
Ihre werthe und liebe Frau Gemahlin und die beiden mir so lieben Beer-Hofmanns bitte ich an mich zu erinnern.
Ihr ergebener
Georg Brandes
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