Albert Ehrenstein an Arthur Schnitzler, 24. 8. 1909

|Mixnitz bei Frohnleiten 24. August 09.

Sehr geehrter Herr Doktor,

anfangs hatte ich die Absicht, Ihnen meinen Dank für Ihre gütige Intervention bei Herrn Dr Auernheimer persönlich abzustatten. Da nun sowieso alles eins war und meine Studien eine ärgerliche Verlängerung erfahren mußten, trat ich eine kleine Reise an. Aber als ich am 19. dieses durch Edlach kam, brachte ich es als ein rechter Traumichnicht nicht |über mich, Sie, sehr geehrter Herr Doktor, aus Ihrer ländlichen Abgeschiedenheit aufzustören. Mittlerweile ist fast jeder reale Grund entfallen, um dessentwillen ich Sie, sehr geehrter Herr Doktor, bat, für mich bei Auernheimer zu sprechen. Jener Kollege unterließ es mir seine Dissertation einzusenden, und so fühle ich mich nicht autorisiert, über sie ein Wort zu sprechen. Ein Fräulein, das sehr schöne Gedichte und sehr schlechte Novellen schreibt, ersuchte mich, ihr ein paar Sachen von mir |zu schicken, ich sandte ihr unter anderem »Tubutsch«, »Baber« und »Apaturien« anfangs August nach Venedig – sie hat die Sachen bis nun nicht erhalten und ich besitze keine Abschrift. Ich könnte jetzt nicht einmal beweisen, daß ich einmal literarisch wertbare Dinge geformt habe, und es wird mir kaum etwas anderes übrig bleiben, als – wiewohl die Herren M. Duilius, Theoderich und Gustav Adolf mir auch bisher gefolgt sind und es sehr |pressant haben – nolens volens allerhand fragwürdige Geschichten aus dem Ärmel zu schütteln, und sie im Herbst, wenn Sie, sehr geehrter Herr Doktor, nicht allzuviel zu tun haben sollten, Ihnen vorzulegen, wenn ich Ihnen meine Aufwartung machen darf, um eines Urteils über meine wahrscheinlich verlorenen Handschriften und vielleicht einiger wertvoller Winke für eine etwaige Rekonstruktion teilhaftig zu werden. Hochachtungsvoll Ihr ergebenster
Albert Ehrenstein,

Pechvogel non plus ultra.
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