mein lieber Hermann, es be
schämt mich fa
st, da
ss du über ein im
Ganzen doch ziemlich unbeträchtliches Ding wie es der
Puppenspieler i
st (er gehörte in den Cyclus
Lebendg Stunden, aber wegen zu großer Länge des Abends mußte er
zurückge
setzt werden) –
so
schöne
Worte sag
st. Vielleicht
drücke ich mich be
sser aus, we
nn ich
sage:
anläßlich des
Puppenspielers. Denn deiner Auffa
ssung des kleinen Stücks mu
ss ich
wider
sprechen. Vielleicht hab ich nicht das Recht dazu, denn es werden ja doch
wahr
scheinlich kün
st
leri
sche Mängel der Sache
schuld daran
sein, da
ss du eine Lebensan
schauung darin
finde
st, die ich nicht hineinlegen wollte und die mir per
sönlich fremd i
st. Eben
so
verhält es
sich mit dem
Eins. Weg. Ich
stehe
so
wenig auf Seite des Oboë
spielers, als
↓ich↓ auf Seiten des
Professor Wegrath ge
standen
habe – freilich auch nicht auf der des Julian und des Puppen
spielers. Aber warum?
Weil
sie eben nicht ganze Kerle
sind,
↓keine Leute↓ die – nach
der dir bekannten Anekdote von der alten
Streitmann – »brav genug«
sind – um alles
zu dürfen. Wäre der
Puppenspieler
wirklich ein »Großer«,
so bräuchte er
sich nicht in Lügen einzu
spinnen, um der
größere zu bleiben – wäre
Julian wirklich ein Großer –
so würde das be
ste
seines We
sens nicht mit
seiner Jugend auslö
schen. Gegen die Herzöge und gegen die
Sala’s hab ich nichts – und vor den »Großen Räubern«
salutir ich, gleich dir, in
Ehrfurcht. Du ha
st ganz recht: »Ent
sagung i
st nicht immer Reife.« – – nur
setze ich
hinzu: nicht bei allen. Wenn Individuen wie
Wegrath in irgend einem Moment ihrer Exi
stenz die Grenzen ihrer Begabung erkennen, –
so i
st
diese Ent
sagung, wie jede
Erkenntnis innere Reife, oder wenig
stens ein
Symptom innerer Reife. Eben
so i
st für den Oboë
spieler wirklich der »Innere Friede und
die
schuldbefreite Bru
st« das einzig erreichbare Glück. Und da
ss ein Men
sch wie der
»
Puppenspieler« nicht, wie
es eben den Be
schränkungen
seines We
sens angeme
ssen wäre,
↓zu↓
ent
sagen im Stande i
st,
sich
↓vielmehr↓ die
ser Ent
sagung
und daher den andern u
sich ein
↓falsches↓ Eigen
schick
sal
vor
spielt – i
st ein Zeichen, da
ss er innere Reife nicht erlangte, welche eben nur in
Selb
sterkenntnis be
stehen kann.
Daher Es i
st
al
so nur natürlich,
da
ss bei manchen Men
schen, insbe
sondre bei klugen, von mäßigem Talente und
stillem
Temperamente das was ihnen an innerer Reife überhaupt be
schieden i
st, in einer Art
von »Ent
sagung« den ent
sprechenden Ausdruck findet.
Wohl denen, die’s nicht nöthig haben, – wohl uns, die wir wie mir
scheint zu die
sen
gehören – und hoffentlich nicht allein wegen Mangels an Klugheit. So
spricht al
so
nichts dagegen, mein lieber Hermann, da
ss wir beide uns an die Arbeit machen, die du
in meine
Hände leg
st:
»Das Werk von der letzten Nacht einer alten
Zeit« – Und
schließlich können es auch andre Werke
sein.
Zu »
Mahler« haben wir noch
Sitze
bekommen,
so
seh ich dich hoffentlich auch heute Abend.