Hermann Bahr an Arthur Schnitzler, 4. [12.] 1904

|4. 11. 04

Lieber Arthur!

Bitte, kannst Du mir den »Puppenspieler« gedruckt schicken? Ich möchte, wenn es mir zusammengeht, über den Schnitzlerabend ausführlicher schreiben. Dazu wäre es mir allerdings sehr lieb, das Buch noch vor Donnerstag zu kriegen. Ja?
Sehr gern möchte ich Dich auch endlich wieder sehen. Allerdings bin ich wenig frei, da ich mich nun mit einer gewiß törichten Leidenschaft, der ich aber momentan so viel unsagbares Glück verdanke, wie ich nie im Leben kannte (vielleicht wird man so ganz transparenter Seligkeiten erst im Angesicht des Todes fähig), aufs Hören von Musik geworfen habe, wovon ich dann manchmal in einer Ermattung mit |vollständigem Versagen und Versiegen jeder Kraft zurückbleibe. Vita minima, die auch ihre schönen Schauder hat. Wie eben jetzt, sonst würde ich Dir diesen Unsinn nicht schreiben, enfin ich wollte sagen: ich möchte Dich gern wiedersehen und hoffe bald zu Dir zu kommen. Und was würdest Du zu der Idee sagen: zu Weihnachten uns in Lueg am Wolfgangsee zu treffen, wo ich ein paar Tage beim Burckhard hausen will? Ich wollte eigentlich nach Athen, aber da müßte ich am 20. von Triest weg und am 22. ist der Tristan, der für mich jetzt – ganz real und ganz physisch gesprochen – das höchste Wolsein ist, mehr als Sonne und Meer.
Entschuldige den verworrenen Ton dieses Briefes, grüße Frau Olga und den Heinrich herzlichst und sei es selbst von
Deinem
 Hermann
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