Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 27. 7. 1900

|Fusch 27 VII.

mein lieber Arthur

es issehr angenehm, durch die kleine Dora, welche wirklich ein überaus nettes und angenehmes Geschöpf ist, von Zeit zu Zeit ein Wort über Sie zu hören.
Die Tage in Salzburg mit Richard waren mir doppelt wohlthuend, da ich gerade im Verkehr mit ihm immer das Gefühl zu seltenen Zusammenseins, ungestillten |Hungers habe.Gerade an dem Tag, wo Ihr Eure Fußreise antretet, dürfte ich zur Waffenübung einrücken. Nachher werd ich, um die Mitte September, wahrscheinlich an den Gardasee gehen.
Nun aber, die nächsten Tage, etwa vom letzten July an, bin ich in Salzburg, im oesterreich. Hof. Auch meine Eltern werden zur selben Zeit dort sein, und einen Theil der Zeit auch die |Gerty mit ihrer Mutter.
Hier scheint mir, indem ich schreibe, in dem Nicht-erwähnen einer bestehenden Situation zum ersten Mal eine wirkliche Unwahrheit zu liegen, und so will ich denn, wie vor einigen Tagen dem Richard, auch Ihnen gern sagen, daß ich die Gerty im Lauf des nächsten Frühjahrs heirathen werde. Ich bitte Sie, davon zu niemandem als etwa |zu Richard zu sprechen. Freilich weiß ich dass ein solches Gerücht und die Überzeugung massenhafter Menschen von dieser Sache seit langem, ja mir scheint schon seit mehreren Jahren besteht. Aber das war, bevor in den beiden, um die es sich handelt, irgend ein Gedanke, ja sogar bevor der Wunsch nach einer solchen Verwirklichung bestanden hatte. Und so hatte das Gerede damals, und hat auch jetzt |mit der Sache selbst eigentlich nichts zu thun, und soll auch davon getrennt bleiben. Denn wenn man auch dazu geführt wird, etwas zu thun, was die Leute vorausgesagt haben, so ist es doch, indem man’s thut durch ganze Abgründe von dem, was die andern in ihren Köpfen haben getrennt. – Ich bin also bis |halben August in Salzburg. Ich hoffe bestimmt, dass wir uns da sehen. Sie können mich natürlich allein haben, soviel wir uns das verlangen. Was sollte sich darin ändern oder künftig ändern müssen? Und übrigens ergibt ja das Rad eine nette Form des Zusammenseins.
Gearbeitet hab ich recht |wenig, will solche Zeiten aber von jetzt an ohne diese übermäßige Ungeduld ertragen. Auf Ihre phantastische Novelle freu ich mich sehr. Wenn ich sie bald hören könnte, oder die lange? Das ist immer eine Freude, der nachher das Lesen nicht mehr gleichkommt.
Also hoffentlich sehn wir uns bald. Von Herzen Ihr  Hugo.
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