Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 6. [1900]

Berlin, 16. Juni.

Mein lieber Freund,

Ich danke Dir für die ausführliche Beantwortung meiner Briefe und freue mich sehr, wieder einmal Direktes von Dir gehört zu haben. Nächste Woche werde ich voraussichtlich viel zu thun haben. Ich antworte Dir daher gleich, und zwar nur wegen der Sommerpläne.
Du scheinst einen überwiegend weiblichen Sommer verleben zu wollen.
Ich sinne noch über ein Mittel zur Lösung der Finanz-Schwierigkeiten |nach, die einer Urlaubsreise diesmal bei mir entgegenstehen. Habe ich es gefunden und bekomme ich Urlaub – zwei noch sehr fragliche Dinge – so möchte ich Anfang August eine Fußwanderung in den Alpen, in Tirol womöglich, machen. Erstens weil es schön ist, zweitens aus Abmagerungs-Gründen. Denn ich werde dick wie ein Schwein. Ich frage Dich also:
1.) Möchtest Du bei so etwas mitmachen?
2.) Was könnte man unternehmen? Dolomiten?
3.) Würden Richard und |Leo mitkommen?
4.) Was macht Richard überhaupt in diesem Sommer?
5.) Wäre es Dir recht, wenn Kerr mitkäme? Ich habe ihm von der Idee gesprochen und ihn zum Mitkommen animirt. Er thäte es sehr gern, ist aber Dir gegenüber etwas schüchtern und erwartet, daß Du ihn dazu aufforderst. Bitte, schreib’ ihm jedenfalls, daß ich Dir seine eventuelle Bereitwilligkeit mitgetheilt habe, und  sage ihm etwas Freundliches |darüber. Selbst wenn ich nicht mitkäme, könntest Du ja mit ihm immer etwas verabreden und hättest dann einen sehr angenehmen Reisebegleiter für die nicht-weiblichen Tage.
Kann ich die Reise aber nicht ermöglichen, so werde ich es wenigstens einzurichten suchen, daß ich Anfang September auf ein paar Tage nach Wien komme.
Bitte, antworte mir bald auf meine Fragen und schreibe bald an Kerr!
Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmann.
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