Mein lieber Arthur! »Beneiden«! Mein Gott! Wissen Sie was »beneiden«
heißt? »Das Andere nicht wissen.« Im übrigen, dieser demonstrative »Süden« mit
»Nachtkastel-Palmen«, der um 5 Uhr Abends die Maske abwirft, ist recht traurig.
Überhaupt versagt
Italien zum erstenmal bei
mir; vielleicht wirds in
Florenz besser. Ich
vertrage es offenbar nicht irgendwohin direkt des schönen Wetters halber zu gehen.
Sofort fang ich an aufs Wetter aufzupassen, bemerke wenn es blufft, und finde
schließlich daß es, wie alle Dinge wenn man ihnen auf die Finger sieht, auch »in
seinem Fach ein Esel« ist, und gar nicht weiß wie schönes Wetter eigentlich sein
soll. Man darf gar nichts genau ansehen wollen;
|Vielleicht heisst das große
Geheimniß eines erträglichen Daseins: Oberflächlichkeit. Unsereiner, der einmal zu
graben begonnen hat, kann freilich nicht mehr zurück; aber vielleicht geht es an so
tief zu graben bis man auf der anderen Seite wieder herausko
mmt; das ist dann unsere »Oberflächlichkeit«. Der nächste
Weg ist das nicht! »Pollak wo hast Du
Dein linkes Ohr?«
Meine
Frau hat sich bisher
nicht erholt, ich habe hier einen Husten beko
mmen, die
Einzige die sich wol fühlt ist
Mirjam; bis sie
größer sein wird, wirds schon besser werden. Frau Professor
Döppler habe ich hier getroffen und mir von ihr vortratschen lassen, was sie
amüsant und eifrig hat; Ideenassociation:
Elly
H. hat sich richtig, wie ich herzloser Weise schon vorher zu
Meyer sagte, mit ihrer Krankheit eine
|Position bei uns gemacht; man kann
nicht sagen daß es mit wenig Einsatz geschehen ist. Wenn ihr
Mann jetzt noch kein Geld verdienen würde,
wäre er ein Dichter – für uns – nur um nicht roh zu sein. Frau Professor
D. hat ihn – sie findet ihn überschätzt – mit
dem Zeichner
Allers verglichen; wer von
H.s Freunden ihr das
beigebracht haben mag? Auf ihrem eigenen Mist ist das nicht gewachsen; ich glaube
übrigens sie hat überhaupt keinen eigenen Mist. Daß Sie sich die Lektüre von
Georgs Tod für einen Frühlingstag auf dem Land
aufheben ist sicher für das Buch gut; ob auch für den Tag? Wenn Sie mir durchaus das
Buch des »
dampfenden Jünglings« schicken wollen,
schicken Sie es nach
Florenz, poste
|restante. Nicht vielleicht deshalb
weil ich hier bin, sondern weil ich am
27. dort sein will.
Ich arbeite natürlich nichts. Von
Hugo habe
ich keinerlei Nachricht. An
Brandes habe ich
heute mein
Buch geschickt Ich
glaube nicht, daß er was damit anfangen kann. Auch
Robert Hirschfeld der mich vor meiner Abreise becomplimentirte scheint keine
Ahnung zu haben was der Inhalt des
Buches ist. Was macht
Gustav; während
ich seinen Vornamen niederschreibe werde ich so verlegen, als sähe ich sein
ungläubiges Lächeln zu dieser Intimität. Grüßen Sie ihn, dann à discretion die
Übrigen, aber in gemessenen Distanzen.
Wie ich meinen Brief überlese, finde ich daß er »
witzig« ist. »
Gott sei
Dank er wird witzig«! Aber der Hofmarschall
Kalb, der das sagt weiß nicht daß das für den
Ferdinand ein schlechtes
Symptom ist. Für mich auch.
Von HerzenIhr
Richard