Arthur Schnitzler an Richard Beer-Hofmann, 15. 10. 1894

|Dr. Arthur Schnitzler, Wien, IX. Frankgasse 1.
|Herrn Dr. Richard Beer-Hofmann
a poste ferma

|Wien, 15. Oct. 94.
Lieber Richard – Sie würden es nicht verdienen, dass man Ihnen schreibt – aber ich nehme an, Sie empfinden den Empfang eines Briefs von mir nicht als Glück – also – Sie verstehen ja dieses linke Ohr? –
|Gestern hab ich dem Hugo und Salten mein Stück vorgelesen, – mit einem von mir nicht geahnten Erfolg. Es sollen nur ein paar Wendungen drin zu ändern und sonssoll es ganz fertig sein – das übrige Lob schäm ich mich beizufügen. Ich bin aber sehr froh. – Momentan schreib ich |einen Einakter. (15. Jahrhundert – aber es ist eigentlich eine Fälschung.) –
Es ist läppisch, dass Sie mir so gut wie gar nichts schreiben. Ich sage läppisch, in der Ueberzeugung dss das Sie viel mehr beleidigt als infam oder schurkisch, was man auch sagen könnte. – Hugo sieht als Dragoner |ausgezeichnet aus. Ein Oberlieutn. zum andern: »Du, ich hör, du hast in deiner Abthlg einen, der Trauerspiel dicht’ –?« –
Salten, hab ich Ihnen das schon geschrieben?, – ist in der Redaction der allgem. Zeitung. – Neulich hat er den Sudermann interviewt, und der kleine Kraus erklärt das für unerhört charakterlos.
|Wünschen Sie auch von Fels was zu wissen? Ich zweifle nicht daran. Also: alles beim alten; – was Sie schon merken werden, wenn Sie zurückkommen. – Wünschen Sie was von Korff zu wissen? Er hat eine Hebamme geheiratet, welche aber kaum 15 Jahre älter ist als er. – Und Specht? – Er fährt nächstens |auf ein Jahr nach Liverpool. Und Paul von Schönthan? Er wünscht sehnlichst, Sie zum Saubermann zu gestalten. – Neulich hab ich den Julian Sternberg (den bei dem Sie sich so einzuschmeicheln »gewußt« haben) kennen gelernt; da hat er mir sehr gut gefallen. –
|Außerdem regnets, ist kalt, und der Winter ist da. –
Leben Sie wohl und schreiben Sie einem doch wenigstens endlich einmal, wann man sie »wieder haben« wird.
Herzlich der Ihre
Arthur
»Zeit« wird besorgt. Sie ist sehr gut
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