(nicht abgesandt
|Verehrtester Herr Brandes,
ich
schicke Ihnen heute das
Stück, welches näch
stens aufgeführt wird; es i
st das Bühnenmanuscript; als
Buch hab ich es noch nicht drucken la
ssen, weil ich hoffe, da
ss mir bei den Proben
noch manches einfallen wird, um den zweiten und den Beginn des 3. Aktes höher zu
bringen; und das er
scheint mir recht nothwendig. –
– Heut hab ich eine Zeit
schrift »
Das neue
Jahrhundert« zuge
schickt erhalten, mit Ihrem
Artikel über die
Marni.
|Zu die
sem Artikel
steht auch eine unendlich
liebenswürdige Bemerkung über mein er
stes
Buch. Und doch wärs mir lieber gewe
sen, Sie hätten
ge
schrieben, jenes Buch i
st nicht viel werth, aber
sein Autor hat
später be
sseres
gemacht. Sie werden gleich wi
ssen, warum ich das
sagen darf. Nach dem
Anatol hab’ ich Ihnen das
Märchen ge
schickt und da haben Sie mir ge
schrieben: »Sie haben
hier eine viel höhere Stufe erreicht als in Ihrem früheren
Buch« – und eben
so
schienen Sie – in einem
Brief an mich, wie in einer
Bemerkung |in »
Politiken« die »
Liebelei« höher zu
schätzen als die
frühern Sachen. – Und heute
steht in Ihrem
Artikel – »Sch. hat die Fähigkeit, die er hier
↓(Anatol)↓ bewie
sen, nicht weiterentwickelt.« – Ich glaube nicht, da
ss es dumme
Empfindlichkeit i
st wenn mich die
se Bemerkung ein bischen ver
sti
mmt hat – denn von Men
schen, deren Urtheil uns hoch
steht, möchten wir alles hören – nur nicht; da
ss
sie uns
stehen bleiben oder gar
herunter
steigen
sehen. Es ist ja wirklich
das↓nicht↓ we
sentlicher, da
ss wir gelegentlich was an
ständges
schreiben,
sondern
|da
ss wir uns in
steter Entwicklung befinden – und, wie
Sie
sehen, hatte ich nicht Ur
sache zu glauben, da
ss Sie
gerade das bei mir zu bemerken meinen – und ich bin vielleicht ein wenig
stolz darauf gewe
sen.
Seien Sie in herzlicher Ergebenheit gegrüßt von Ihrem
ArthurSchnitzler