Mein lieber Hugo, ich habe mich
sehr gefreut, gleich nachdem ich
hier angekommen war, Nachricht von Ihnen zu bekommen, und will Sie heute vor Allem
herzlich grüßen u Sie bitten, mir recht bald wieder
so einen Sti
mmungsextract herzu
schicken, denn
solch deutliche Zeichen
eines In Verbindungbleibens tragen zum allgemeinen Lebensgefühl, bei mir wenig
stens,
recht viel bei, und
so
sollen
|Ihre Briefe mit zum
Sommer, zum »Erholen« und zu meiner guten Luft gehören. Treffen Sie die
se Worte noch
in
Göding? Für alle Fälle
schickt man Ihnen ja
nach, denk’ ich. – Mir geht es hier, bis jetzt, ganz behaglich; ich fahre
Bicycle, bade in
Strobl,
geh ins Theater, bin nicht wenig allein, le
se
Chartreuse de Parme,
westöstl. Divan,
Schopenhauersche
Briefe,
habe
was kleines ge
schrieben
und geh lang
sam an das neue
Stück, wovon etwa ein halber Akt da i
st und das mir im Schreiben noch
sehr
lieb werden wird.
|Vor den
Schopenh.
Briefen möcht ich beinahe warnen;
sie
machen traurig – ich bin auf Seite 350 oder weiter und finde nichts als eine
stete
Be
schäftigung mit allem Kleinlichen, das um den »Ehrgeiz« herum i
st. Jede klein
ste
Recen
sion, die da oder dort über ihn er
schienen, wird erwähnt; – und alle Men
schen
un
d Dinge nur in Betracht gezogen, in
sofern
sie
sich zu
seiner Philo
sophie, nein, vielmehr zu der Anerke
nnung
seiner Philo
sophie in Beziehung bringen la
ssen. Es i
st nichts über das Leben, nichts
über die Kun
st darin zu
|finden; etwas
so papierenes hab
ich nie gele
sen. Federkratzen, Knittern, Geruch von Büchern – es i
st als hätte die
Welt, nachdem er
sie einmal in eine Formel gebracht, aufgehört für ihn zu exi
stiren,
un
d es handelte
sich nur mehr darum, die
se Formel von der
Men
schheit gekannt, bewundert u angebetet zu
sehn. – In die
ser ganzen Unheimlichkeit
war die Eitelkeit noch nicht da – und
so i
st vielleicht auch das wieder gro
ss? – Eine
Stelle lautet ungefähr: »Ich werde
geradezu melancholi
sch,
|wenn ich denke, da
ss ich kaum
ein Viertel von dem zu le
sen beko
mme, was
ich über mich gedruckt wird.« Das i
st als Motto aufs Buch zu
setzen. –
Goldmann werden wir heuer wohl wieder
sehn; es
scheint,
Anfang September,
aber alles das, wie auch
Kopenhagen i
st nicht ganz
sicher. Sehr wahr
scheinlich werde ich gegen
Mitte
August auf ein paar Tage nach
Wien; und
Sie? Ko
mmen Sie auch noch einmal vor den großen Manövern
nach
Wien? Das
|la
ssen
Sie mich für alle Fälle wi
ssen. –