Richard Beer-Hofmann an Arthur Schnitzler, 20. 10. 1894

|Lieber Arthur! Gerade, wie ich in den Wagen steige, bekomme ich Ihre Karte. Meinen Brief und Karte haben Sie wohl?
Das schreibe ich beim schwarzen Kaffee auf einer Terrasse am Meer in Bajae – (Bitte lesen Sie zu Hause über Bajae nach.) Abends bin ich wieder in Neapel, dann morgen und die nächsten Tage Capri, Sorrent dann Venedig. Adressiren Sie bitte Briefe und die 4. Nr. der Zeit nach Venedig, Bauer und Grünwald. – Die 1te und 2. Nummer habe ich; 3te erwarte ich. |À propos (warum à propos, warum fällt mir das jetzt ein?) was stand auf den in Verlust gerathenen Pallanzaer Karten? Bahr bitte grüßen Sie herzlich, und der »Abonnent« hat mir »wol getan«, und das »Burgtheater« (Burkhard) war gescheidt und diplomatisch. Und die »Schmetterlingsschlacht« hat er sich teilweise eingeredet – ich kennesie nicht, – aber ich mißbilligesie. Kleine Probleme von kleinen Warten und anstatt tiefster Auffassung des |Lebens bürgerlich-ideale Moral auf dem Grunde; und die Belohnung ××× guter Sitten in reicher Heirath, und die Versorgung, – der Blick in die Zukunft.
Das Meer ist viel schöner. Und viele andere, viel kleinere Dinge auch. Lieber Arthur, bitte schreiben Sie mir sehr sicher nach Venedig, und viel; denn Sie würden unendlich leiden unter dem Gedanken, wie peinlich ich es empfinden müsste in Venedig keinen Brief |zu finden, nachdem auf der ganzen Fahrt dahin mich drauf gefreut habe.
Es gibt Studenten des jus in Prag die sehr gut Lawn-Tennis spielen, nicht antisemitisch, gegen den deutschen Schulverein und die Politik, und insbesondere den Liberalismus sind; Maupassant lesen, den Bahr teilweise (Dora) kennen, und freudig erschauern wenn ich sage daß ich Bahr kenne (einen gibt es sicher). Die Leute die heute 17 u. 19 sind, werden die sein die in 10 Jahren sich uns neigen werden – oder früher? Das »uns« nehme ich principiell zurück.
Richard.
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