Lieber verehrter Herr Doktor, Ihr
Buch war mir eine grosse Freude und eine besonders
persönliche: ich habe immer das Gefühl gehabt, als wüsste man zu wenig von Ihrer
innern Geistigkeit, ihrer Gefühlswärme und dem Ernst hinter ihrem Lächeln. Wer einmal
den Menschen heiter kommt, scheint verwirkt zu haben, für seriös im strengen Sinne
zu
gelten, als ob nicht gerade das Spielhafte immer Erlösung von einem tiefen innern
Ernst bedeutete: Sie haben nur zu recht, dass die Wenigsten eigentlich von Ihnen
hinter Ihrem Ruhme wissen. Zu diesen zu zählen war immer mein Stolz. Das Einzige,
was
mich an diesen
Sprüchen ein wenig
verdross, war, um
goethisch zu reden
»das Buch des Unmuts«, nämlich dass Sie den Kleingeistigen die Freude machen, zu
zeigen, dass Mückenstiche Sie manchmal ärgerten. Zu viel Ehre! Wer wie Sie auf einem
Werke steht, kann herabsehen; Verachtung zu zeigen, verrät eine vorangegangene
Entrüstung und die hätten Sie niemals an solchen engen Deutungen erfahren sollen.
Notwendigerweise hält sich der lockere Geist am Äusseren, aus Faulheit, in die Tiefe
zu dringen, er klammert sich an einen Begriff und der ist Ihnen durch das Deminutiv
der »
Liebelei« von anfangs an taxfrei
verliehen worden. Lassen Sie der Zeit ihre Zeit und Sie werden selbst noch die
Wandlung erfahren, dieselbe die allen
Österreichern
allmählich bewilligt wurde, sehr unwillig zwar aber dann umso dauerhafter. Aber Ihr
Buch war fördernd für ein ernsteres
Anschaun, ein Sich besinnen dieser Gleichgiltigkeit, die ich für Sie empörter
empfinde als Sie selbst: Ihre hohe Haltung, der nicht im schulmässigen wohl aber viel
intensiveren Sinne sittliche Ernst Ihres Werks waren für mich immer vorbildlich und
werden es dauernd bleiben, denn immer wieder steht Ihr neues Schaffen auf einer neuen
Stufe, andern Ausblick eröffnend und gleichsam tiefere Quellen aufdeutend. Ich
erwarte mir gerade von diesen Ihren reifsten Jahren noch unendlich viel und da Sies
nie getan haben, werden Sie mich auch in dieser liebevollen Erwartung nicht
enttäuschen.
Von mir darf ich nichts sagen als dass ein neues
Drei-Meisterbuch das meiner eigenen Arbeit wie ein Klotz im
Wege gelegen, bald fortgerollt sein wird und ich wieder dem Erfinderischen mich
nähern kann. Inzwischen fiel mir eine kleine
Komödie ein, die zu schreiben ich allein zu träge bin; aber schon in
Gedanken mit Heiterkeiten zu spielen, entlastet. Ich glaube man kann sich nur von
einer Arbeit in der andern erholen oder wenigstens im Spiel mit neuen Plänen und
Möglichkeiten. Möge jeder Tag Ihnen freudig und erfüllt sein. Wer verdient dies
Bedeutsamste wenn nicht Sie?