Verehrter lieber Herr Doktor, Sie sind so gütig, meine bescheidene
Meinung in dieser Sache anzufragen und ich sage sie aufrichtigst. Ich glaube nur der
erste Teil der
Berichtigung
ist
notwendig, der zweite bloss eben nur
eine Richtigstellung einer Veränderung, die niemanden beleidigt. Und im ersten Teile
hätte ich so gerne von einem Manne Ihrer Gerechtigkeit eines gesehen: ein Wort des
Positiven, der Bejahung. Ich glaube, nie war eine Zeit besser für das Bekennen, nie
es notwendiger, die Unerschütterlichkeit unserer innern Überzeugungen gegen gewisse
Versuche aufrechtzuerhalten, den
|politischen Constellationen unsere künstlerischen Empfindungen preiszugeben. Ich
meine: es wäre schön und vorbildlich gewesen (und zugleich die stärkste, die
schlagendste Berichtigung jeder Entstellung),
Sie wenn Sie an einer Stelle sagten, wie sehr Sie
Tolstoi bewundern und auch Ihr Verhältnis zu
France und
Maeterlinck
in künstlerischer Bejahung andeuteten. Ich glaube, wir müssen ein Beispiel bei jedem
Anlass geben, zu zeigen, dass unsere Neigungen nicht ein Tauschgeschäft auf
Gegenliebe sind, sondern unerschütterlich selbst durch Hass und Anfeindung. Gerade
weil Einige versuchen, jeden, der gegen Deutschland heute auftritt, zu negieren,
statt seine Argumente zu befeinden, müssen wir unsere Unabhängigkeit in der eigensten
engsten Welt unseres Standes und Wirkens
|mit sichtbarem Willen betonen. Nichts ist gemäßer in diesen Tagen als
Wahrhaftigkeit, die sich nicht einschüchtern lässt durch die Reden am Markt: ich
glaube, wir sollen heute
je als mehr↓unentwegt↓ Tolstoi einen der wirklichsten Menschen aller
Zeiten nennen und brauchen nicht zu zögern mit Ehrerbietung vor der Leistung eines
Anatole France. Ein Vermeiden dieser
Höflichkeitsbezeugung und dieser freien Zustimmung zu ihren Werken (die längst vor
diesen Tagen entstanden) könnte leicht darauf deuten, wenn schon nicht eine Äusserung
so sei doch Ihre Gesinnung jenen feindlich. Und das ist doch nicht Ihre Absicht.
Ich wage natürlich nicht, diese meine Empfindung zur Ihren machen zu wollen: es ist
nur eine Antwort auf Ihre gütige Frage. Gerne expediere ich den
|Brief in dieser Fassung wie in
jeder andern an
R. R., es wird ihm eine grosse
Freude sein, Sie unter den Wenigen zu wissen, die heute, mitten im Kampf, schon an
die Versöhnung denken.
Ich bin morgen Montag nach dem
Bureau bestimmt zwischen 4–5 zu hause und freute mich sehr Ihres Anrufes.
Vielen vielen Dank für Ihr Vertrauen und alles Herzliche Ihnen und den Ihren!
Treulichst