16. VIII. 11
Felix Salten
Lieber,
ich danke Ihnen herzlich für Ihren ausführlichen Brief. Sie erinnern sich ja gewiß, dass Sie selbst mir in
St.
Gilgen sagten, Sie kämen jetzt auf dem
Semmering mit Herrn
Benedikt zusammmen, und ob es mir da recht sei, wenn Sie bei einer sich
ergebenden Gelegenheit meiner Erwähnung tun würden. Ich wäre ja nicht auf diesen
Einfall gerathen, denn einmal dachte ist nicht daran, dass Sie jetzt mit Herrn
Benedikt zusammentreffen, dann auch wußte ich
ja, dass Sie sich durch freundschaftliche Rücksichtnahme auf Herrn D
r Auernheimer in dieser Sache behindert fühlen. Eine Erwähnung meiner
Person und meines Austritts aus der »
Zeit« Herrn
Benedikt gegenüber, hätte für mich wol auch
nur informativen Erfolg haben sollen. Denn wie Sie wißen, waren wir übereingekommen,
dass Sie nichts Intervenirendes sagen. Wenn Sie nun den Eindruck erhielten, dass
selbst ein noch so beiläufiges Erwähnen meines Namens bei Herrn
Benedikt die Vermutung des Absichtlichen und Intervenirenden
wecken würde, dann war es natürlich sehr gut, derartiges ganz zu vermeiden, und ich
danke Ihnen vielmals dafür. Was Ihren Rat betrifft, glaube ich nicht, dass ich ihn
befolgen werde. Erstens weiß ich ja noch selber nicht, ob ich jemals wieder eine fixe
|Stellung annehmen werde.
Dann aber würde diese Stellung wol für mich nicht acceptabel sein, wenn ich noch so
offen und geradezu mich darum bewerbe, . . eben
weil ich mich bewerbe! Zuletzt aber gibt es für mich
noch einen höheren Grund, mich
×××××××××××××××××××× niemals Herrn
Benedikt oder sonst
Jemandem anzubieten. Ich habe das in meinen kleinsten und schwersten Anfängen nicht
getan. Jetzt schreibe ich seit achtzehn Jahren; meine Leistung ist zu offenkundig
und
– wenn das Wort erlaubt ist, – mein Anspruch auf eine Stelle in einem Blatt
Österreichs zu gerecht, als dass ich selbst auf
diese Leistung hinweisen oder diesen Anspruch geltend machen möchte.
In einem einzigen Betracht bedaure ich es lebhaft, dass Sie nicht dazu gelangen, mit
Herrn
Benedikt zu sprechen. Und aus diesem
Grund allein tut es mir leid, dass es nicht möglich ist, eine im Metier so viel
beredte Angelegenheit, wie mein Austritt aus der »
Zeit« es ist, vor Herrn
Benedikt zu
erwähnen. Es ist mir nämlich dieser Tage zugetragen worden, Herr
Benedikt sei – wahrscheinlich von einer mir schlecht
gesinnten Seite – zu der Ansicht gebracht, ich lebe in völlig desolaten
Geldverhältnissen, stecke bis über die Ohren in Schulden, und führe ein prassendes
Verschwenderleben. Wenn er nun aufgeklärt hätte werden können, dass ich wol Schulden
hatte (Familie
usw.) jetzt aber keine mehr habe, dass ich wol
anständig, aber nicht verschwenderisch lebe, hoch versichert bin, und auch sonst
keine materiellen Krisen habe, wäre mir das schon in einem ganz allgemeinen und
prinzipiellen Sinn
sehr erwünscht gewesen, und es
wäre nur eine einfache Richtigstellung, welche keine anderen, konkurrirenden
Interessen verletzt. Nun wird es doch wol am besten sein, wenn ich in dieser ganzen
Sache ruhig zuwarte. Ich weiß ja heute selbst
|noch nicht, wofür ich mich
entscheiden werde, und es liegen noch mehrere Monate vor mir, in denen ich alle
Umstände prüfen, verschiedene größere Arbeiten fördern und alles zusa
mmen überlegen muß. Es kann ja auch sein, dass Herr
Benedikt und ich nicht zusammenko
mmen, weil er auf eine Deklaration von mir und ich auf
eine von ihm warte. Es kann ja auch (so leicht) sein, dass wir,
wenn wir schon einmal zusammenkommen, nicht mit einander einig werden.
Und es kann auch sein, dass er mich überhaupt nicht mag und eine Verbindung mit mir
garnicht in Erwägung zieht. Auch damit rechne ich.
Bei
uns geht alles ziemlich
wol. Arbeit, Gäste, Geburtstage, Ausflüge. Das wechselt so ab und ist bisher vom
schönsten Wetter besonnt. Ich habe eine Kur begonnen und bin seither die Schmerzen
los; habe die »
Zeit« ersucht, mich noch
hier zu laßen, damit ich diese
Kur beendigen kann, und ihr dafür angeboten, von hier aus zu schreiben. Kann sein,
dass sie mich trotzdem zwingt
, nach
Wien zu gehen.
Fischer ist schon in
Gastein. Wir grüßen Sie alle in
Herzlichkeit.
Ihr Salten