Felix Salten an Arthur Schnitzler, 24. 3. 1906

|Berlin, 24. III. 06.
Lieber, in Eile und Arbeit nur ganz kurz: gegen das »Kleine Theater« bin ich unbedingt. Es ist mit seinem jetzigen Bestand an Schauspielern, und der retorischen Unfähigkeit des Herrn Dr Oberländer garnicht imstande ein so stilisirtes und in seinen Reizen vom Dutzend-Regisseur so schwer auffindbares Stück zu reproduziren. Ich hielte es für aussichtslos. Auch wäre, bei der jetzigen Conjunctur von so einem Experiment nur abzurathen. Besser, Sie warten auf Reinhardts »intimes Theater«, das im nächsten Jahr bestehen und von Bahr geleitet wird. Folgen Sie mir!
Ich schreibe bald und mehr. Dass wir einander wieder herzlich nah sind, empfinde ich auch, und es hat mir meinen Abgang von Wien erschwert. Dass etwas Unverlierbares, an das jederzeit ohneweiters angeknüpft werden kann, uns verbindet, hab ich immer geglaubt. Viele Grüße von Otti u. mir an Sie Beide.
Ihr  Salten
    Bildrechte © University Library, Cambridge

    »Kleine Theater«] Er beantwortet die Frage, ob es für eine Inszenierung von Zum großen Wurstel infrage käme, vgl. A. S.: Tagebuch, 25. 3. 1906.

    »intimes … geleitet] Bei der Eröffnung hieß das intime Theater Max Reinhardts Kammerspiele. Als kleinere Bühne sollte sie für experimentellere und anspruchsvollere Stücke Verwendung finden. Bahr arbeitete zwar in Folge für mehrere Inszenierungen als Regisseur bei Reinhardt, doch tatsächliche Verantwortung als Theaterleiter bekam er nicht übertragen. Nach vier Aufenthalten zwischen November 1906 und März 1908 endete die Zusammenarbeit.