Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 4. 8. [1903]

|Berlin, 4. August.

Mein lieber Freund,

Danke für Deinen lieben Brief!
Ich habe schlechte Nachrichten aus Frankfurt. Vollständiger Stimmungsumschlag. Von einer gemeinsamen Reise keine Rede mehr.
Ich bin wieder aus allen Himmeln gestürzt. Was ich jetzt anfange, weiß ich nicht. Mit Dir will ich nicht reisen, denn ich würde zu sehr auf Deine Stimmung drücken. Mag auch keine schönen Länder sehen. Vielleicht gehe ich nach Marienbad zur Kur.
An dieser Geschichte gehe ich wohl noch zu Grunde. Jede Schuld wird bestraft. Ich hatte eine prachtvolle Frau, die |mich liebte. In meinem Wahn hielt ich sie für eine Dirne und trat sie mit Füßen. Die Liebe ist todt, und ich kann sie nicht mehr erwecken. Zu spät bin ich zur Erkenntniß gekommen. Ein furchtbarer Schicksalsspruch, dieses: zu spät.
Leb’ wohl, liebster Freund, und reise glücklich!
Dein treuer
Paul Goldm
Viele Grüße an Olga!
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