Felix Salten an Arthur Schnitzler, [1. 8. 1895]

|Lieber Freund, ich bin, wenn ich das B. nur sonst in Ordnung habe, mit all dem einverstanden bis auf München. Das werden wir aber Montag, wenn ich zu Ihnen komme noch näher besprechen.
Was die Feuill. betrifft, so hätten sie – wie Speiszetteln ausgesehen, wenn ich mehr Bilder genannt hätte. Ich wollte also |nur wichtige Stationen geben, die gewissermaßen die durchwanderte Gegend charakterisiren. Dann schrieb ich doch auch für Leute, welche München nicht gesehen haben, ich möchte also mehr beschreiben, als unkontrollirbare Kritik üben. Die Secession erhält übrigens noch ein zweites (sachlicheres) Feuilleton.
Dass Ihr Theaterleben Sie |in Freiwild hätte stören können , ist sonderbar. Es kommt ja garnicht darauf an, dass diese Mädeln Männer fangen wollen, sondern auf die Umstände, die ihnen ein solches Leben zur Notwendigkeit machen. Dass sich manche willig manche mit vielem Geschick darin finden, ändert doch an der Freiwild-Idee nicht das mindeste, selbst dann nicht wenn man gelegentlich wirklich der Jäger wäre.
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Meine Tochter ist gestorben. Damit fällt |ein starkes Band zwischen Lotte u. mir. Als die alte Frau, welche mir die Nachricht brachte, mit Thränen an meinem Redactionstisch saß, und ich an die Fahrt mit Lotte nach Gerasdorf, an den kleinen Friedhof, an den Kranz, den wir mitnehmen werden, und an das Kreuz, welches wir draußen kaufen werden, dachte, musste ich gleich daran denken, wie prachtvoll das alles für die Novelle passt. BeerH. wird sagen, es ist sein »Kind«. Viel |davon ist ja dabei, aber es ist doch etwas ganz, ganz anderes, wenn man die Gestalt der Lotte, die Münchener Affaire, und unsere jetzigen Beziehungen nimmt.
Leben Sie wol, auf Wiedersehen Montag früh. Herzlich
Ihr
Salten
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