Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 10. [1898]

|18. Oktober. An Bord der »Anping«, zwischen Taku und Tschifu.

Mein lieber Freund,

Da ich fürchte, daß Dir beifolgendes Feuilleton entgangen ist, sende ich es Dir der Sicherheit halber zu. Ich denke mir, es wird Dir recht kommen jetzt wo Du mit einer Arbeit über die Renaissance beschäftigt bist. Ich habe seit Langem nichts so Schönes über diese Zeit gelesen. Auch ist eine Definition des »Styls« von Feuerbach darin citirt, derentwegen allein es sich schon verlohnt, Dir dieses Feuilleton der Frankfurter Zeitung auf Dem Umweg über das Gelbe Meer nach Wien zu schicken. |Vergleiche insbesondere die einfache und tiefe Schreibweise dieses unbekannten Gelehrten mit dem unverständlichen Kauderwelsch, das die »Dichter« Loris und Genossen anzuwenden sich befleißen, wenn sie über die Renaissance schreiben.
Ich werde in einer halben Stunde wieder sehr seekrank sein.
Grüß’ Dich Gott, liebster Freund!
Dein treuer
Paul Goldmann
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