Fondateur M. L.
Sonnemann.
Journal politique, financier, Paris, 7. Oktober.
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour.
Mein lieber Freund,
die
ser Brief trifft Dich al
so am Vorabend großer Ereigni
sse
, oder hoffentlich
schon am Ereignißtage
selb
st. Du kann
st Dir denken, mit wie wach
sendem Intere
sse
ich Deine letzten lieben Briefe gele
sen. Gern hätte ich
sie ra
sch beantwortet; aber
bei mir i
st wieder der Trüb
sinn eingekehrt; und ich wollte nicht, daß mir allzuviel
davon in die Feder flö
sse. Ich danke Dir
v von Herzen, daß Du mir
so treulich berichtet ha
st. Gern
hatte hätte ich all’ die
se Zeit
|mit Dir
e↓v↓erlebt; aber durch Deine Briefe habe ich doch wenig
stens einen Wellen
schlag
davon zu
spüren bekommen. Am
S×××××sten Schmerzlich
sten i
st es mir, daß ich Mittwoch
nicht da
sein kann. Er
stens, um ra
scher zu wi
ssen, wie es ausgegangen, und zweitens,
um
Dir mit Dir ein wenig die Zeit bis zum Abend zu verplaudern. Freilich
hätte
st Du meiner wohl kaum bedurft. Mit großer Freude
sehe ich aus Deinen Briefen,
wie ruhig Du bi
st. Und wenn doch am Mittwoch Nachmittag das Herzklopfen kommen
sollte – in Jener Stunde be
sonders, wo
der Abend über den
|××××××× Volksgarten nieder
sinkt, eigens für Dich
nieder
sinkt –
so wir
st Du
schon eine liebe Hand in Deiner Nähe haben, die bereit i
st,
die Deinige zu drücken. Ich
selb
st bin Deiner Sache
sicher.
Fa Für mich kann es
sich nur um die Größe des Erfolges handeln; ein Mißerfolg i
st
ausge
schlo
ssen,
da aus dem einfachen Grunde, weil
nicht das ganze
Wiener Publicum plötzlich
irr
sinnig werden kann. Oh, ich glaube, es wird
schön
sein. Vielleicht nicht allzu
stürmi
sch, aber
schön. Und wenn ich denke,
|daß Du
dahin gekommen,
still und ehrlich, Dir
s selb
st
getreu, und einfach Deines lieben Herzens Sprache redend, –
so fühle ich, daß es ein
hoher Ehrentag i
st für Dich, für den Poeten
so
sehr
wie für den Men
schen, und ein
starkes Bei
spiel für uns Alle. Ich habe das Bedürfniß,
Jeden die
ser Briefe mit Wün
schen zu füllen. Leider kann ich ja bei der ganzen
Angelegenheit nichts thun, als Dir fortwährend »Glück!« und »Glück!« zurufen. Aber
hier will ich es wenig
stens an den Meinigen nicht
|fehlen la
ssen. So kommt denn noch ein letzter herzinniger Wun
sch, daß es gut werden
möge. Damit umarme ich Dich und la
sse Dich Deinen Weg gehen. . . . . . . .
Den Mittwoch Abend werde ich mit meinen Gedanken in
Wien sein und werde ver
suchen, die Zeit bis zum näch
sten
Vormittag nicht lang zu finden. Denn, nicht wahr, Du telegraphir
st mir ein paar Worte? Und dann
schick
st Du mir auch wohl die
Referate, ich
sende
|sie Dir umgehend zurück. Sehr
lieb wäre es, wenn auch
Richard mir telegraphiren wollte; der könnte
schon etwas ausführlicher berichten.
Dabei fällt mir ein, daß es am Ende vielleicht doch gut ist, wenn ich nicht dabei
bin. Ich hätte mich ausgenommen, wie die unverheirathete ältere Schwester auf der
Hochzeit der Jüngeren. . . . . . . .
Dein letzter Brief war be
sonders
schön. So voll guter Stimmung,
so zu Herzen gehend!
Deinem
Stück thu
st Du aber
doch wohl Unrecht. Gar
so
|dün düm dünn i
st es, weiß Gott, nicht. Du
selb
st weißt, was Du hätte
st
dazu noch dazuthun können, der Zu
schauer aber nicht,
und die
sem er
scheint es voll genug. Eines i
st
re richtig, daß die Figur des
Alten hätte erweitert und vertieft werden können. Man hätte gern mit ihm
nähere Bekannt
schaft gemacht. Aber den gib
st Du uns vielleicht in einem neuen Stücke.
Und wer könnte auch den Reichthum des Lebens auf der Bühne verlangen, wie Du
sag
st?
× Das
|Dramati
sche i
st ja gerade eine Auswahl
aus der Fülle. Nur das We
sentliche gehört
a auf die
Bühne; und Du weißt
selb
st am Be
sten, daß die dramati
sche Kun
st in der Aus
× Aus
scheidung, Be
schränkung, Vereinfachung liegt. Für des Lebens Reichthum und
Fülle
hat das × i
st das Theater zu klein. . . . . .
Es i
st
schön, daß es mit den Proben
so gut gegangen und daß die Leute
so
liebenswürdig zu Dir waren.
Nach Allem Nach den Namen
der
Schauspieler n und nach
|dem, was Du
schreib
st, zu
schließen, wird die
Aufführung
eine vorzügliche
sein. Es i
st doch auch gut, wenn ein Director vor einem Stücke Ang
st
hat. So i
st er gezwungen, es zum Erfolg zu führen
, und die be
sten Krä
ste
seines Theaters dafür einzu
setzen.
Burckhardts Zo× Ha
sen
süßerei, unter der Du
soviel gelitten, kommt
Dir hier doch am Ende zugute. So
läuft↓stellt↓ doch Alles am Ende wieder
auf Alles in den
Dien
st
|des Guten,
selb
st das anfangs Hindernde. Die
große
Tragödin zum Bei
spiel!
Die
se ver
stehe ich be
sonders gut in der Sache. Sie hat ge
sehen, daß die
Rolle vorzüglich i
st und daß
sie Erfolg haben wird. Das i
st doch
w noch ein höherer Genuß, als der,
Inf einem ehemaligen Geliebten Infamien anzuthun. So
wird
sie
süs süß und zahm. Das läuft auf das heraus,
was ich immer
sage: Man gebe
sich mit der Komödianten-Gemeinheit
|nicht ab und
schaffe ruhig weiter. Das unfehlbar
be
ste Mittel gegen
Bühnen- Theater-Intriguen i
st ein
gutes Stück. Jawohl, mein Freund, der Sieg des Guten und Schönen. Es i
st gar nicht
so
gymna
sia
stenhaft, daran zu glauben, wie Du
schreib
st. Ich glaube immer mehr daran.
Die Gemeinheit und alles Schlechte i
st
sehr
stark hinieden; aber es gibt doch kaum
etwas, das
stärker i
st, als die
se zwei Herkula
sse:
|Gut und Schön. Auch ahn
st Du gar nicht, wieviel gerade im Falle
Arthur Schnitzler liegt, das Einen wieder mit dem Weltlauf
auszu
söhnen vermag. . . . . .
Reden wir ein wenig von Ge
schäften. Anbei finde
st Du einen Brief, den ich nicht
beantworten wollte, ohne Dich zu fragen. Ich rathe Dir ab, vorläufig das
Über
setzungsrecht der »
Liebelei« zu vergeben.
Warten wir er
st ab, wie die Dinge gehen.
Madame Aubry i
st mit der
Übersetzung
der
|»
Kleinen
Komödie« fertig. Ertheile ihr die Autori
sation in einem
deutschen Briefe, den Du mir
schicken mag
st.
Aubry hat mir ver
sprochen, einen kleinen
Bericht über die Aufführung der »
Liebelei« in die »
Liberté« zu bringen. Schon zu die
sem Zweck brauche ich das oben erbetene Telegramm. Dem
Herzl sollte
st Du
doch ein Feuilleton geben. Glaub’
mir, Du kann
st es
schreiben, es i
st Dir nur unbequem.
|Du ha
st doch auch
schon kürzere Sachen gemacht, zum
Teufel! Denk’ Dir halt, daß Du es
nicht für die »
Neue Freie Presse«
schreib
st. Aber ich halte es
für
sehr wichtig, daß Dein Name auch dort er
scheint. Daß »
Sterben« bei
Perrin er
scheint, i
st vortrefflich. Es i
st ein an
ständiger
Verlag, der
sreilich wenig Verbindungen mit
Zeitungen hat. Denn hier
schreibt das Ge
sindel nur über
|Bücher, wenn der Verleger dem Blatt ein Pau
schale
zahlt. Aber laß’ gut
sein, ich
schaff schaff’ Dir
schon eine oder die andere Be
sprechung. . . . . .
Was Du über »
Juliens Tagebuch«
schreib
st,
überzeugt mich nicht. Inzwi
schen habe ich auch »
Maria« gele
sen. Das ge
sällt mir viel be
sser. Ich weiß nicht, ob es
wa ein wahres Buch i
st; von die
sen Liebes-Dingen ver
stehe ich wenig; aber es i
st
poeti
sch und
stellenwei
se entzückend poeti
sch.
|In
»
Juliens Tagebuch« mag ich vor Allem den Mann
nicht, die
sen Schwerenöther, dem alle Weiber zufliegen, der
seine Sy
steme mit ihnen
hat, der
Je auch in dem heißen Sturm mit
Julie stets den Kopf oben behält und der
Juliens Liebe in genau abgezählten Tropfen zu
sich nimmt:
Drei Eßlöffel voll und nicht mehr; das Übrige
ist seiner wäre
seiner Ge
sundheit
schädlich; und
so hört er auf
,
gerade, wo es nöthig i
st. I
st das wirklich wahr? Du kenn
st die
se Seite des Lebens
be
sser, wie ich,
|aber ich kanns nicht glauben, daß
das wahr i
st. Gerade in die
sem
Buche fehlt mir
des Lebens fülle des Lebens
Fülle. Gar
so einfach liegen doch die Dinge nicht. Mir
wa sch riecht
das das
Buch zu
sehr nach
Schreb Schreibti
sch. In »
Maria« i
st Wärme und Süßigkeit. Ich halte das für das er
ste
der beiden
Bücher,
und ich finde es unnöthig, daß
Nansen nach der poeti
schen Liebesge
schichte uns die
selbe Ge
schichte noch einmal »wahr«
ge
schrieben hat. Gibt es überhaupt
|wahre
Liebesge
schichten? . . . . . Das i
st vielleicht Alles
sehr
du dumm, was ich da
sage; aber mir fehlt etwas an dem
Buche, und ich kann nicht
recht ausdrücken, was mir fehlt. . .
Das wäre wohl Alles für heut. Bald, allerbaldigst höre
ich von Dir, nicht wahr?
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund!
Dein treuer
Paul Goldmann
|Institut Rudy Paris, le [handschriftlich M. O. Riese:] 3 October 1895
fondé en 1860
Langues, Lettres, Sciences
Arts d’Agrément
Sehr geehrter Herr Doctor!
Auf Empfehlung des Herrn D
r Gollmann erlaube ich mir Sie um die Adre
sse des Herrn
Schnitzler, Schrift
steller in
Wien, zu er
suchen, da ich mich beftreffs Ueber
setzung
↓ins Französische↓ seines
Stückes
Liebelei an ihn wenden möchte.
Ihnen im Voraus für Ihre freundliche Mühe bestens dankend zeichne
Hochachtungsvoll
M O Riese