Marie Herzfeld an Arthur Schnitzler, 19. 4. 1909

|Wien II/2, Lichtenauerg. 5
den 19. April 1909

Sehr geehrter Herr Doktor!

Es besuchte mich heute Frau Anna Tesi, die mir sagt, Sie hätten von Soph. Michaëlis »Revolutionshochzeit« gesprochen und ihr Interesse für das Stück so lebhaft erweckt, dass sie gern das Uebersetzungs- und Vertretungsrecht für Frankreich und Russland erwerben möchte. |Sie sagt, sie sei Ihre russ. Uebersetzerin, sei Mitglied der Société des Auteurs dramatiques in Paris u. in Moskau (Petersburg?). Sie will Abmachungen, die dahin gehen, dass sie die Hälfte aller Tantièmen u. Honorare mir abliefert. Die Controlle, sagt sie, sei in Händen jener Sociétés. Ich glaube ihr alles; sie macht mir persön|lich einen vertrauenerweckenden Eindruck; aber sie hat einen Gesellschafter, ihren Mann, den sie mir nicht zeigte . . . kurz – so sehr ich in der Regel meinem Gefühl folge, so muss ich, als Vertreterin der Interessen des dänischen Dichters dennoch etwas vorsichtig sein und wäre Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie mir sagten, |ob a) Sie mit dem Ehepaar Tesi gute Erfahrungen machten und ob b) die Bedingungen, die man mir bietet, billige sind. Ich habe mich um dergleichen nie bekümmert und bin naïv wie ein neugeborenes Kind.
Pardon, dass ich Ihnen Mühe mache! Ihnen stets zu Gegendiensten, in großer Schätzung
Marie Herzfeld
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