Es i
st wirklich lieb von Ihnen, da
ss Sie von meiner Literatur noch immer nicht genug
haben; aber leider bin ich nun schon zu Ende, es exi
stieren bloß noch ein paar
Jugendsünden und ver
streute oder ungedruckte Sachen. So schmeichelhaft es i
st – ich
hab’ nichts mehr! – Aber
nicht schmeichelhaft, lieber
Herr Doktor, i
st die Annahme, ich nähme meine eigenen Briefe auf die Reise mit! Das
läßt auf dü
stere Erfahrungen schließen, die Sie mit Schreibweibern gemacht haben
müssen! Da tun Sie mir sehr leid! – Ist es nicht tausend mal schöner und wichtiger,
zu schw
mmen
, zu rudern und unter alten
Bäumen zu liegen? Ich meine, der Dichter der
Lebendigen Stunden gibt mir da Recht!
Aber da fällt mir doch ein, da
ss ich noch was
Schönes ↓daheim↓ habe: von
Romain
Rolland (von mir übersetzt.) Das beko
mmen Sie.
Für die Reise freilich nicht mehr rechtzeitig, da ich vor dem
15. August
kaum in
Wien bin und Sie wol schon fort. Aber
hoffentlich gefällt es Ihnen auch später noch. Denn es dreht sich nur um die Mu
sik
und das i
st doch das Einzige, was im Leben in der Stadt
(auch) noch
wirklich i
st.
Daß Sie mir ein Buch von sich geben wollen, i
st sehr lieb von Ihnen. Ihre
gesammelten Werke
(bis zum
Weiten Land) besitze ich natürlich; ich gestehe
|Ihnen eine große Zuneigung zu
Fink und Fliederbusch, gerade weil dieses Stück
alle wolgeölten Gemüter einmal in Aufruhr versetzt hat; aber
Beate oder
Casanova
liebe ich nicht minder – also bitte, suchen
Sie mir
etwas aus, dann habe ich zu der Freude des Empfangens auch noch die Ihrer
Auswahl.
Die beiden Ausschnitte, die ich einlege,
sind aus einer
New-Yorker Revue: der eine
enthält zwei Worte über den
Casanova. Der andre
hat mit Kun
st überhaupt nichts zu tun, i
st aber men
schlich so packend und traurig,
da
ss er Sie vielleicht intere
ssirt; auch ein »
Bernhardi« hätte drüber nichts zu lachen!
Und nun wünsche ich Ihnen schöne, helle, frohe Sommertage!
Ihre
Therese Rie.