Ich darf Ihnen neuerlich für eine Gabe danken, für Ihr »
Spiel im Morgengrauen«, das mir durch den
Verleger zugegangen i
st. Welche Lu
st
kün
stleri
schen Genießens es mir bereitete, kann ich nicht ausdrücken. Es kam mir
vor, als hätten Sie
sich aus un
serer
staubigen Verfallszeit in ein altes
Wiener
Griechenland geflüchtet, in dem auch über den dü
ster
sten Ereigni
ssen,
über dem Kampf und Vergehen
klei |der kleinen Men
schen ein ewigblauer
Himmel bei kühlen Frühlingslüften lacht, in ein Land, das wir alle gekannt
haben, ein Orplid ohne die Nebelhaftigkeit romanti
schen Ahnens, in dem vielmehr
alle Konturen und alle Ge
stalten klar umri
ssen und hell be
schienen
sind. Solange
Sie dies
Wiener
Alt-Hellas mit Ihren Ge
stalten, Gefühlen und Gedanken beleben, i
st es
nicht untergegangen und wir dürfen uns hineinflüchten wie in die Erinnerung
froher Jugendtage. Wie harmoni
sch i
st dort alles, wie harmoni
sch
selb
st die
Disharmonie! Und wie froh macht mich die Klarheit Ihrer
|Sprache, voll und funkelnd wie
reifer Wein! Sie wirkte auf mich doppelt mächtig, da ich vom Ärger über den
neologi
schen Nachwuchs herkam, der
sich entrü
stet gegen die Zumutung wehrt, die
»Sprache des 19. Jahrhunderts« zu
sprechen, und infolgede
ssen kühnlich die des
21. vorwegnimmt, feierlich um den Gral der Unver
ständlichkeit bemüht, die
Ritter
schar von Wort
salvat. –
Ihrer freundlichen Einladung, Sie einmal aufzu
suchen, werde ich natürlich mit
größter Freude nachkommen. Vielleicht könnten Sie mir den Ihnen genehmen Tag
durch Dr
Karl Pollak im kurzen Wege
mitteilen la
ssen.