Sie wissen vielleicht, daß die »
Beatrice« von
Heinrich Noren komponiert worden ist. Auf mein
Ersuchen die Partitur anzusehen, resp. sich Teile aus der
Oper von
Noren selbst (der einen höchst geachteten musikalischen
Namen besitzt) vorspielen zu lassen, erwiderte mir
Richard Strauss, daß die
Oper überhaupt
nicht daran denken könne Uraufführungen zu bringen – aus hauptsächlich materiellen,
aber gewiß plausiblen Gründen. Es gibt vielleicht Fälle, in denen man von diesem
Prinzip abgehen könnte, es scheint ja auch, daß es manchmal geschieht. Ich selbst
konnte natürlich in meinem Falle nicht insistieren, obwohl gerade er am ehesten Anlaß
gäbe von jenem Prinzip wenigstens insoweit abzuweichen, als die Direktion der
Oper immerhin den Versuch riskieren könnte, das Werk
kennen zu lernen. Warum ich das Ihnen erzähle, lieber Hugo? Weil mir neulich
Noren schreibt, und weil
Bruno Walter gleichfalls behauptet, daß Sie der einzige Mensch wären, der
auf
Strauss oder
Schalk oder auf sie Beide in dem Sinne einwirken könnte, daß diese zum
mindesten von der Existenz des in Frage stehenden Werkes Notiz nähmen, der vielleicht
sogar (dies sind
Bruno Walters Worte) auf die
Absurdität hinweisen dürfte, die nicht nur dem Komponisten darin zu liegen scheint,
daß die
Wiener Oper ein sozusagen von zwei
Österreichern verfaßtes Werk, und von nicht ganz
unbekannten überdies, nicht nur nicht zu eventueller Uraufführung in Erwägung ziehen,
sondern vorläufig sogar eine Prüfung lieber vermeiden möchte. Auch ich fühle etwas
von der Absurdität, die in
Straussens Vorgehen
steckt (mit
Schalk habe ich nicht gesprochen, er
weiß vielleicht von der Existenz der
Oper bis heute gar nichts); trotzdem hätte ich Sie in der Sache nicht
bemüht, wenn ich es nicht allzu schwer fände
Heinrich
Noren die Erfüllung eines Wunsches zu verweigern, die ihm die Erfüllung
seines wesent
|lichern – die Aufführung seiner
Oper in
Wien – in die Nähe zu rücken scheint. Ich weiß weder, ob Sie,
lieber Hugo, Gelegenheit, noch ob Sie Lust haben sich mit dieser Sache in irgend
einer Form zu befassen. Vielleicht sprechen wir bald einmal darüber, wenn Sie wieder
nach
Wien hereinkommen. Es wäre ja überhaupt schon
Zeit, daß man sich wieder einmal sieht und spricht. Ich habe Ihnen noch nicht einmal
zum Erfolg des »
Großen Welttheaters« gratuliert und nicht
gesagt, wie schön Ihre beiden
Artikel im »
Dial« (nicht nur
der über mich) waren.
Seien Sie herzlichst gegrüßt
A. S.