|Wien, am
15. November 1918
Hochverehrter Herr Doktor!
Ich habe ge
stern,
sofort nach Erhalt Ihres Schreibens, beide Stücke – den »
Fremden« und »
Yppl« beim
Deutschen Volkstheater
eingereicht, und zwar zu Händen des Dramaturgen D
r Glücksmann, dem ich einen kurzen an die
Direktion gerichteten Brief mit Berufung auf Ihre mündliche Empfehlung übergab;
in die
sem Schreiben wies ich darauf hin, daß es mit dem Stil des »
Fremden« vereinbar wäre, wenn die Per
sonen –
wie auf
Uhde’
schen Bildern – in modernen oder
halbmodernen Ko
stümen er
|scheinen, daß daher die
Ko
stümfrage kaum Schwierigkeiten bereiten dürfte. Heute vormittags wollte ich
beim
Direktor vor
sprechen, traf ihn aber
nicht an und hinterließ meine Karte, wobei ich den Sekretär er
suchte, darauf
aufmerk
sam zu machen, daß die Stücke bereits eingereicht
seien.
Nun muß ich die Dinge ihren Lauf gehen lassen und sehe der Entscheidung mit oft
erprobtem Fatalismus entgegen. Hätte ich diesmal nicht wieder Pech, so wär’s ein
Wunder! –
Die letzten Tage, die uns die Republik und mir damit die Erfüllung langjähriger
Träume gebracht haben, habe ich in größter Erregung durchlebt, von der auch eine
ziemlich ge
schmacklo
se Kundgebung zeugt, die ich am Tage der Proklamation verbrach und
|die ihren Weg in die Blätter gefunden hat (wie ich
höre
sogar in’s
Prager Tagblatt; dies i
st
schließlich in Anbetracht
der Eigentümlichkeit der
Prager P
syche nichts
Verwunderliches). Ich trö
ste mich mit einem Spruch: »Begei
sterung macht Schmöcke
aus uns allen«. – Ich habe auch die furchtbare Panik vor dem Parlament miterlebt
und weiß jetzt, wie einem zumute i
st, wenn man wehrlos im Ma
schinengewehrfeuer
zu
stehen vermeint. Es waren ganz ent
setzliche und
sehr intere
ssante Minuten.
–
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre liebenswürdige Verwendung und gebe in
Anbetracht derselben, trotz allem Kleinmut, die Hoffnung nicht auf, diesmal doch
einen Durchbruch zu erzielen.
Mit besten Grüßen Ihr ergebener