Robert Adam an Arthur Schnitzler, 15. 11. 1918

|Wien, am 15. November 1918

Hochverehrter Herr Doktor!

Ich habe gestern, sofort nach Erhalt Ihres Schreibens, beide Stücke – den »Fremden« und »Yppl« beim Deutschen Volkstheater eingereicht, und zwar zu Händen des Dramaturgen Dr Glücksmann, dem ich einen kurzen an die Direktion gerichteten Brief mit Berufung auf Ihre mündliche Empfehlung übergab; in diesem Schreiben wies ich darauf hin, daß es mit dem Stil des »Fremden« vereinbar wäre, wenn die Personen – wie auf Uhdeschen Bildern – in modernen oder halbmodernen Kostümen er|scheinen, daß daher die Kostümfrage kaum Schwierigkeiten bereiten dürfte. Heute vormittags wollte ich beim Direktor vorsprechen, traf ihn aber nicht an und hinterließ meine Karte, wobei ich den Sekretär ersuchte, darauf aufmerksam zu machen, daß die Stücke bereits eingereicht seien.
Nun muß ich die Dinge ihren Lauf gehen lassen und sehe der Entscheidung mit oft erprobtem Fatalismus entgegen. Hätte ich diesmal nicht wieder Pech, so wär’s ein Wunder! –
Die letzten Tage, die uns die Republik und mir damit die Erfüllung langjähriger Träume gebracht haben, habe ich in größter Erregung durchlebt, von der auch eine ziemlich geschmacklose Kundgebung zeugt, die ich am Tage der Proklamation verbrach und |die ihren Weg in die Blätter gefunden hat (wie ich höre sogar in’s Prager Tagblatt; dies isschließlich in Anbetracht der Eigentümlichkeit der Prager Psyche nichts Verwunderliches). Ich tröste mich mit einem Spruch: »Begeisterung macht Schmöcke aus uns allen«. – Ich habe auch die furchtbare Panik vor dem Parlament miterlebt und weiß jetzt, wie einem zumute ist, wenn man wehrlos im Maschinengewehrfeuer zu stehen vermeint. Es waren ganz entsetzliche und sehr interessante Minuten. –
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre liebenswürdige Verwendung und gebe in Anbetracht derselben, trotz allem Kleinmut, die Hoffnung nicht auf, diesmal doch einen Durchbruch zu erzielen.
Mit besten Grüßen Ihr ergebener
 DrRAdam
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