Ihre wundervolle
Sommergeschichte, von der mir ein Exemplar in Ihrem gütigen Auftrage
zuge
sandt wurde, habe ich ge
stern Abend in großer Bewegung beendigt. Sie wird mich
noch lange fe
sthalten und be
schäftigen. Die heutige Kun
st ver
steht
sich ja im Ganzen
nicht
schlecht auf »Stimmung«; aber einen Fall, wo Stimmung
sich dermaßen
unerbittlich, fürchterlich, verhängnishaft verdichtet, wie hier bei Ihnen, – den gibt
es, glaube ich, auch heute
|nicht zum
zweiten Mal. Ich werde nicht müde, auch bei ge
schlo
ssenem Buche die Dichtigkeit und
magi
sche Unzerreißbarkeit die
ses eroti
schen Kun
st- und Schick
salsge
spin
stes zu prüfen
und zu bewundern und bitte Ihnen meinen tiefen Re
spekt ausdrücken zu dürfen vor Ihrer
großen Zaubermacht. Der Schluß geht mir be
ständig nach. Trotz fein
ster,
vielfältig
ster Vorbereitung – i
st er möglich
so oder i
st er es nicht? Auf jeden Fall
i
st er überwältigend
schön.
Ich habe die Überra
schung, zu
sehen, daß mein »
Tod in
Venedig«, bei de
ssen Her
stellung ich
|auf garnichts hoffte,
sehr warm
aufgenommen wird. Bis auf einen giftigen
Angriff des Herrn
Kerr, hinter de
ssen tänzeri
schem
Pamphletchen gegen mich
sich freilich viel Charakter-Elend
verbirgt, habe ich fa
st nur
sehr Ehrenvolles darüber gehört. Und daß die er
ste
Beruhigung vom Autor der »
Frau Beate« kam,
darüber bin ich nun wieder be
sonders glücklich.
Mit den be
sten Empfehlungen an Sie und Ihre
Gattin, verehrter Herr Doctor,
Ihr ergeben
ster
Thomas Mann.