Arthur Schnitzler an Robert Adam, 13. 5. 1913

|Dr. Arthur Schnitzler
|Herrn Bezirksrichter
Dr. Robert Adam-Pollak

|Dr. Arthur Schnitzler 13. 5. 1913.

Sehr geehrter Herr Doktor.

Es ist mir nicht ganz klar geworden, warum Sie glauben, dass die »Fatme« nicht meinen Beifall gefunden habe. Dass ich mich etwas kurz gefasst habe liegt einfach daran, dass meine Neigung zu ausführlicher essayistischer Behandlung im Allgemeinen eine recht geringe ist. Es kommt noch dazu, dass ich Ihr Stück, das ich wirklich mit Vergnügen gelesen habe, gleich Ihnen doch nur als Studie und nicht als reines Kunstwerk auffassen kann, was ja wohl auch nicht in Ihrer Intention gelegen war. Bei all dem habe ich gewisse Szenen auch poetisch sehr gelungen gefunden und wenn mir etwas weniger behagt hat, so waren es vielleicht etliche humoristische Partien Ihrer Studie, die sich ein wenig unter dem Niveau des Gesamtwerkes abzuspielen scheinen. Aber wir wollen nicht dogmatisch sein; wenn |es auch kein Drama vorstellt, wenn man auch von einem höheren künstlerischen Standpunkt aus überhaupt nichts Rechtes damit anfangen kann, – aus dem Einfall als solchen und aus manchem Detail spricht ein feiner, kultivierter Geist, dessen Aeusserungen in welcher Form immer sie mir dargebracht werden, ich stets mit Interesse aufnehme.
Mit verbindlichem Gruss
Ihr sehr ergebener
 [handschriftlich:] Arthur Schnitzler
Herrn Bezirksrichter Dr.Adam Pollak, Zistersdorf.
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