Thomas Mann an Arthur Schnitzler, 16. 10. 1911

|München den 16. X. 1911.

Sehr verehrter Herr:

Es war mir eine besondere Freude, am Morgen nach der Première, noch ganz erfüllt von Ihrer Kunst, das Buch des »Weiten Landes« von Ihrer eigenen Hand zu empfangen. Ich danke Ihnen von Herzen. Ihr Stück hat hier tiefen Eindruck gemacht, der Beifall am Schlusse ruhte nicht, bis der Regisseur in Ihrem Namen gedankt hatte. Die Aufführung war recht leidlich, Steinrück in seiner Art meister|haft, wenn auch wohl nicht der Mensch, den Sie gesehen haben. Es fehlte die aeußere Weichheit, die zu der gefährlichen Energie des Mannes so lebensvoll kontrastieren müßte. Dieser letztere, der erotische Ernst, war desto eindrucksvoller betont. Mein Bruder und ich verbrachten den Rest des Abends mit den Hauptdarstellern. Das Telegramm »an Arthur« war allgemeines Herzensbedürfnis.
Ihr ergebener
 Thomas Mann.
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