17 May 1901
Verehrter Freund
Anbei die 30 Gulden. Hier ist überzogen, durchaus nicht sehr warm und ich durch die
Unpünktlichkeit meiner Mitmenschen völlig allein, mindestens
zwei Tage, worüber ich wüthe, da ich diese zwei Tage
vorzüglich in
Wien zugebracht haben könnte,
während ich mich hier über die verlorene Zeit ärgere.
Der Weg von
Mattuglie nach
Abbazia erinnert ein wenig an den von
Taormina nach
Giardini.
Hier blühen die Rosen, nur nicht die meinen.
Haben Sie aufrichtigen und herzlichen Dank für alle mir erwiesenen Dienste. Ich, der
ich selbst überlaufen werde, weiss |was es heisst, dass Jemand plötzlich kommt und uns die Zeit raubt.Nur unsere alte Freundschaft macht die Sache etwas
leidlicher.
Nun erfuhr ich gar nicht, was
Beer-Hofmann
vorhat, und das interessirt mich doch lebhaft. Das ist die Folge jugendlich-seniler
Schwatzhaftigkeit, dass die Anderen nicht zu Worte kommen.
Auf Wiedersehen in 14 Tagen.
Ihr
Georg Brandes