mein lieber Hugo, Sie haben mich recht lang warten la
ssen, aber was
Sie mir
schreiben i
st alles erfreulich und
schön, und so hab ich es erwartet. Der
kleine Ort heißt
Vilennes oder
Vilaines – bei
Poissy, we
nn mich nicht die Erinnerg trügt, an der
Marne. Ich ka
nn nie an jene Stunde zurückdenken,
ohne da
ss
sich mein ganzes We
sen mit einem unbegreiflichen Schauer füllt,
so als we
nn ich dort es eigentlich
schon hätte wi
ssen müssen –
|oder gar – es gewußt hätte – (»
dort – wo wir an lichten Tagen nicht
hineinschaun!«) – Ihr Brief kam grad am Morgen des
18. März. –
Ihr kleines
Vorspiel, das ich
sehr einfach und
schön finde, hab ich gleich an
Paul Goldmann (
Berlin,
Dessauerstraße 19) ge
schickt, vielleicht
schreiben
Sie ihm auch ein Wort?
– Wir leben hier noch im ewigen
|Winter. Schnee heut
Nacht! – Und Wind, Regen, Koth. Es ist ab
scheulich. Ich will in den näch
sten Tagen
ein bischen in den Süden fahren, bis
Ragusa.
Nicht mit rechter Freude. Aber ich hab auch i
mmer
Katarrhe, jetzt noch dazu dumme Ge
schichten mit plombirten Zähnen, dazu alles andre,
kurz, ich ka
nn |mich kaum je eine viertel Stunde wohl fühlen.
Anfang März war ich ein paar Tage in
Edlach; habe dort den Frühling finden wollen, aber Eis und 10 Grad Kälte,
sowie
Dora Speyer gefunden, die übrigens lieb i
st.
– Jetzt i
st
Brandes hier, erzählt
sehr amü
sant, und i
st gewi
ss was
sehr be
sondres. Und
|doch (warum »und doch«?) hab ich eher ein Gefühl der
Entfremdung diesmal ihm gegenüber. Liegt wohl an meiner Sti
mmung. –
Ich arbeite an nichts als an der langen
Novelle, die wohl (
stofflich)
so eine Art Seitenstück zur
Femme de 30 ans wird, eine
veuve de 30 ans
– viel
|leicht
schließ ich
sie auf der
dalmatinischen Kü
stenfahrt ab. –
Eben telephonirt mir
Richard ich möge in den
Schachclub ko
mmen
– I
st das nicht ganz unwahr
scheinlich in
Paris zu
hören, da
ss hier weiter telephonirt wird – in den
Schachclub gegangen –? So i
st es mir gewi
ssermaßen räth
selhaft, da
ss gewi
ss
das Haus
|in der
rue Maubeuge Nr. 5 steht – ja da
ss noch die Zi
mmer exi
stiren, die Fen
ster – die Wa
schti
sche – –
Ich ka
nn Ihnen gar nicht
sagen wie mir i
st, während ich
die
sen Brief ende. Als hätt ich’s noch i
mmer nicht ganz
verstanden – denn in
die
sem Augenblick
sind mir Dinge eingefallen, an die ich
seitdem nicht gedacht.
|leben Sie wohl. Wann kommen Sie wieder? Werden wir
zusammen radeln? Ich bin neugierig auf das, was Sie
mir von den Namenlosen erzählen werden.
Von Herzen
Ihr
Arthur.