Mein Lieber Hugo, Ihren Brief habe ich beim Zurückko
mmen aus
Wien
gefunden. Dort bin ich 2 Tage gewe
sen und habe die Marionetten in
Venedig u
Hänsel u Grethel ge
sehen. An einzelne von die
sen Marionetten denke ich zurück wie an lebendige
Schau
spieler, die
sich auch an mich erinnern mü
ssen. Im übrigen i
st
Wien jetzt dumpf und übelriechend und es i
st gut, da
ss ich
wieder weg konnte. In
Ischl bleib ich nur noch
bis Montag. Dann fahr ich per Rad nach
Salzburg,
mit
Salten.
|Auch
Richard, dem ich Ihre Kränkung be
stellt
habe, ko
mmt wohl hin, und die Frau
Lou wird
schon dort
sein. Wenn Sie mir gleich zwei Zeilen
schreiben,
so kann ich
sie mir noch in
Salzburg post restante abholen u hätte eine große Freude.
Donnerstag radle ich nämlich weiter, auf einem bisher noch nicht
definitiv fe
stge
stellten Weg nach
München, wo das Rendezvous mit
Goldmann i
st. In
M. bin ich minde
stens bis
3. September (Briefe dahin auch
post
restante. Aber ich
|werd Ihnen von meiner Radtour
noch öfters ein paar Worte
schreiben)
– Ich hab hier den er
sten
Akt
zu Ende ge
schrieben, und ein paar kleine
Geschichten, an denen mir vielleicht
schon manches gelungen
i
st. Sie wi
ssen ja, meine große Sehn
sucht: die
sehr einfache Ge
schichte, die in
sich
selb
st ganz fertig i
st. Eine Fla
sche, die man ausgießt, ohne da
ss es nachtröpfeln
darf und ohne da
ss was zurückbleibt. – Auch geht es mir heuer innerlich gut – es
gelingt mir fa
st jedesmal kleine Eitelkeiten und große
|Hypochondrien davon zujagen, wenn
sie
sich melden wollen. Im ganzen fühl ich mich
in die
sem Jahre um fünf Jahre jünger als im vorigen, was darin begründet i
st, da
ss
ich in weniger fal
schen Verhältni
ssen lebe als damals. Was Sie einmal von der Seele,
die i
mmer eine kindliche bleibt,
sagten, fällt mir ein.
Es mag
sein, da
ss Altwerden wirklich nur eine Schwäche i
st, von der man
sich befreien
kann. . . .
solang man eben doch eigentlich nur 33 Jahre alt
i
st.
Leben Sie wohl,
seien Sie herzlich gegrüßt. Und
schreiben Sie eine Zeile nach
Salzb.