Sie haben Recht: ich bin über Ihren Brief verwundert gewe
sen. Da
ss eine Frau wie Sie,
gewohnt zwi
schen den tief
sten Problemen wie in ihrem Hausgarten
spazieren zu wandeln,
Zeit und Sti
mmung fand,
sich mit den be
scheidnen Arbeiten
eines Unbekannten zu be
schäftigen, mußte mich Wunder nehmen. Aber die
se Verwunderung
|war ein Gemi
sch von Stolz und Freude; –
sie i
st vorläufig der einzige
Dank, den ich für Sie habe. – Auch überflüßig, gnädige Frau, war ihr Brief, gewi
ss, –
wie
so vieles
schöne und gute, ohne das man ja
schließlich auch weiter exi
stiren
kann, insbe
sondre we
nn d↓m↓an es gar nicht erhofft hat. I
st es aber einmal da,
so beglückt es ja doch
tau
sendmal mehr als manches noth
|wendige, ohne das man zu Grunde gehen
mü
sste. Sie
sprechen von
sich als von einer Stimme aus dem Publikum und mögen ja
Recht haben, da
ss
solche Sti
mmen im allgemeinen wenig
Freude machen; aber Sie mü
ssen doch einige Ausnahmen gelten la
ssen. Sie machen Freude
– er
stens we
nn sie loben, zweitens we
nn |man noch nicht
sonderlich verwöhnt i
st und drittens, we
nn sie zufällig jemandem angehören, den man
seit
langem kennt und verehrt. Erme
ssen Sie daraus, ge
schätzte Sti
mme aus dem Publikum, wie herrlich Sie mir erklungen
sind! Ein Zufall hat es gefügt, da
ss ich gleichzeitig mit dem Ihren einen Brief von
Georg Brandes erhielt, der mir im
|Vergleich zu dem Ihren insbe
sondre dadurch
intere
ssant i
st, da
ss er im Gegen
satz zu Ihnen das »
Märchen« ganz beträchtlich über den »
Anatol«
stellt. Ich
selb
st glaube, da
ss im
Märchen mehr gutes
steckt als im
Anatol, – da
ss aber einzelne
aus↓von↓ den
Anatolscenen als ganzes gelungener
sind. Auch wei
ss ich nicht, ob man den
Fedor Denner wirklich für über
spannt
|und
seine
Empfindung für
so verzwickt und wider
spruchsvoll halten mu
ss? Mich dünkt, aber ganze
Wirrni
ss liegt darin, da
ss er theoreti
sch eine Frage läng
st abgethan hat, der er in
einem concreten Fall noch nicht gewach
sen i
st; – er wider
spricht
sich eigentlich
nicht, er hat
sich nur
selber misver
standen. – Auf Ihre vielen freundlichen und
auszeich
|nende Worte habe ich natürlich keine Einwendung übrig; aber
ich ka
nn es nicht läugnen, da
ss ich bei einigen Ihrer
allzuliebenswürdigen Bemerkungen die gewi
sse Empfindung des Be
schämt
seins hatte wie
gegenüber Lob
sprüchen, die man ja wohl einmal zu verdienen hofft, die aber
überra
schend und unerwartet Früh geko
mmen
sind.
|Da
ss an Ihrem Schreiben, gnädige Frau mein Freund
Paul Goldmann nicht ohne Schuld i
st, brauchen Sie kaum zu
sagen: er trägt die Schuld beinahe
an allem erfreulichem, das mir in den letzten Jahren begegnet i
st. Ihr Brief gehört
nun zu den allererfreulich
sten Dingen, die mir pa
ssiren konnten – und da Sie
sich
selb
st aus den Reihen derjenigen weg
Ende des Fragments