Arthur Schnitzler an Hugo von Hofmannsthal, [6. 8. 1892]

|Mein lieber Loris,

vielen Dank für den übersandten Brief. Es stehen gescheidte Sachen drin. Es issogar möglich, dass die H. mit all ihrem Tadel Recht hat: gewiss aber hat sie manches zu loben vergessen. Dassie den »Sohn« so besonders gut findet zeigt mir, dassie ein wenig vom Berliner-Bölschethum beeinflußt ist. Ich habe den Eindruck, dassie alles einzelne an mir versteht, wie das bei ihrer kritischen |Begabung selbstverständlich – nur meine Atmosphäre nicht. –
Das Anatol-Buch erscheint im Bibliogr. Bureau, Berlin. –
Von Blumenthal hab ich Nachricht: 2. Quartal, d. h. JaennerMärz 93 Etwas spät! Umsomehr als ich heute aus Prag die Mittheilung erhalte, dass das Stück im Oktober drankommen dürfte! Zugleich hat man mir meine Lustspiele von dort retournirt, da sie für eine Provinzbühne zu gewagt seien.
|Schupp ist Secretär des Pressausschusses für d. Chicago. W. A.
– Von Theodor Herzl hab ich einen reizenden Brief bekommen. –
Vielleicht sehen wir uns doch im Laufe dieses Sommers. Ich habe nämlich keine Einberufung zur Waffenübung bekommen, und fahre vielleicht Ende August nach Ischl. – Wohin gehn Sie im September? –
– Ich kam die letzten Tage nicht zum Schreiben; die äußerliche Thätigkeit stört doch. Hoffentlich bald! – Sie |kommen ja sicher mit den ganzen 5 Akten zurück! ––
Haben Sie Recht, von einem »herrschenden Novellendrama« zu sprechen? – Berechtigung hat die Form gewiss – sobald nur ein bedeutender Mensch da ist, der daran Freude findet. Ueber den gewissen Fundamentalsatz: »Das ist eben kein rechtes Drama, das nicht von der Bühne herab wirkt (oder gar ›auf die Menge‹ wirkt)« hab ich |mich immer geärgert. Eventuell will ich mir, mir ganz allein was vorspielen lassen! – Na, Sie wissen ja, Kulka hat ja das wichtigste über dieses Thema schon gesagt. –
– Wann wird man sich Briefe phonographiren können? – Die Zeit seh ich kommen, wo die Leute über unsre mühselige Correspondenzerei lächeln und staunen werden.
|Auf dieser Seite steht nur mehr, dass ich Sie, liebster Freund, aufs Herzlichste grüße!
Ganz der Ihre
Arthur.
Was macht Richard? –
– Mit Schwarzkopf war ich einige Male auf dem Land. –
Bahr ist verzweifelt; – er wurde einberufen und fahndet nun nach einer Befreiung. –
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