Felix Salten an Arthur Schnitzler, 29. 6. 1909

Küstenland
29. VI. 09

Lieber,

wir sind heute aus Venedig zurückgekommen, und ich finde Ihren Brief vom 22. Das letzte, was mir Kainz sagte, war etwa zwei Tage vor meiner Abreise; und da meinte er, er wolle es seiner Frau überlaßen, im Dezember darüber zu verfügen. Deshalb glaube ich, die Zeitungsnotiz dürfte nicht ganz stimmen. Auch scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass Kainz, müde wie er jetzt ist, sich vor den Ferien mit der »Auflösung des Hausstandes« befaßen wird. Es müßte denn inzwischen seine Frau irgend etwas veranlaßt haben. Aber auch das halte ich nicht für wahrscheinlich. Sollte es dennoch der Fall sein, dann bezieht es sich wol nur auf den Termin, wann die Wohnung geräumt wird. Wenn Sie wollen, frage ich direkt bei Frau Kainz an. Sicherlich wird sie mir dann gegen den 7. od. 8. Juli Bescheid geben, sobald sie mit ihm zusammentrifft. Oder Sie schreiben ihm ein paar Zeilen. Ich bleibe jetzt voraussichtlich bis 15. Juli ununterbrochen hier. In Venedig war es sehr schön, und den Lido fanden wir in allen Verhältnissen, Strand, Bad, Capanne, ec. um so viel komfortabler, dass wir nächstes Jahr wol hingehen werden, falls wir wieder ans Meer wollen. Den Kindern ist hier bis jetzt und unberufen sehr wol. Sie haben nichts von den kleinen Übeln bekommen, die für gefährlich profezeiht werden. Ich hatte den Sonnenbrand und Fieber, aber das Fieber war von der Erkältung, die ich mit her brachte. Und jetzt ist auch das längst vorbei. Ich häute mich nur an Nase, Armen und Beinen wie ein Molch. Alles Gute für Sie, Frau Olga u. Heini!
Viele herzliche Grüße von uns zu Ihnen
Ihr  Salten
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