Albert Ehrenstein an Arthur Schnitzler, 1. 7. 1909

Sehr geehrter Herr Doktor,

ohne lästig fallen zu wollen, wäre es mir sehr angenehm, wenn Sie, sehr geehrter Herr Doktor, meinen drei ebenso länglichen als mißlungenen novellistischen Versuchen, im Laufe der nächsten Wochen auf die eine oder die andere Art nahe zu treten die Güte haben möchten. Nach den Betrachtungen, die über H. Mann anzustellen ich unvorsichtig genug war, sehne ich mich keineswegs. Da |der Erdgeist eingegangen ist und mir dabei mein noch nicht abgedrucktes und abschriftloses Manuskript einer Skizze verloren ging, meine Dissertationso konservativ wie meine andern Arbeiten gehalten war, begegnete ich bei dem betreffenden Hofrat namenlosen Chikanen. Ich werde allen möglichen Namen- und Zahlenkram lernen müssen und doch nicht viel Chancen bei der Prüfung haben, wenn nicht irgend was augenfälliges von mir in der Zeit oder Presse oder sonst einer respektabeln Zeitung erscheint. Sollten Sie, |sehr geehrter Herr Doktor mir in dieser unverschuldeten Zwangslage im mindesten Beihilfe leisten können, wäre ich so glücklich wie nur ein Mensch sein kann, der die Namen sämtlicher Erzbischöfe von Köln und dergleichen Ungeheuerlichkeiten seinem Gedächtnisse einzuverleiben das Vergnügen hat.
Indem ich um Entschuldigung dieses in der Eile hingeworfenen Briefes bitte, verbleibe ich
Ihr ergebenster
Albert Ehrenstein.
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