|Pörtschach, 1. August.

Mein lieber Freund,

Dank für Deinen lieben Brief.
Ich muß fort von hier, denn ich kann nicht schlafen. Die warme, matte Luft bekommt mir schlecht. In Vahrn wäre es dieselbe Geschichte. Ich muß höher hinauf, in starke und kühle Luft. Euch wiederzusehen wäre schön. Aber Wochen lang keine Nacht schlafen, ist kein Spaß. Da Du also noch nichts Hohes gefunden hast, muß ich selbssuchen. Ich gehe von hier in die Dolomiten. Werde das Ampezzo-Thal durchprobiren. Wo ich schlafen kann, bleibe ich ein paar Tage. Es wird sich also leider so fügen, |daß ich erst den Schluß meines Urlaubs mit Euch verbringen kann, wenn Ihr in Vahrn bleibt. Ende August muß ich in Wien sein. Samstag früh fahre ich von hier ab. Da ich nicht weiß, wo ich bleiben werde, kann ich Dir noch keine Adresse geben. Aber das muß sich Sonntag oder Montag entscheiden. Ich schreibe Dir dann sofort. Laß’ also das Suchen sein! Da Du Dich in Vahrn wohl fühlst, bleibe dort. Wenn ich meine Nerven zur Raison gebracht haben werde, komme ich zu Euch, – dorthin oder an den Gardasee. Einstweilen geht es mir recht elend. Es ist eine ganz verfluchte Geschichte, wenn man nicht schläft. Viele treue Grüße Dir und den lieben Mädchen!
Dein
Paul Goldmann
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