Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 21. 6. [1901]

Berlin, 21. Juni.

Mein lieber Freund,

Wir haben heut hier telegraphisch die Kunde erhalten, daß Du aus dem Offizierstande gestrichen bist. Ich weiß, es wird Dir schrecklich sein, daß Du künftig den bewaffneten Schaaren nicht als Heerführer voranziehen sollst, aber Du wirst das Unglück zu tragen wissen. Die Begründung des ehrenräthlichen Erkenntnisses ist perfid und verräth gute jesuitische Schulung. Wenn Du noch eines Mittels bedurft |hättest, um in ganz Deutschland und Österreich Sympathien zu gewinnen, so wäre dieser Streich jedenfalls das beste Mittel dieser Art. Immerhin werden die Sympathien, die man für Dich hegt, überall an Herzlichkeit zunehmen, und die Herren vom Ehrenrathe haben durch ihr Verdikt für Deine Person und Deine Werke eine sehr löbliche Propaganda gemacht. Da sie aber das Gegentheil beabsichtigt haben, |so wirst Du hoffentlich die Antwort nicht schuldig bleiben. Eine kräftige und doch vornehme Absage an den Ehrenrath und den Militarismus überhaupt wäre wohl angemessen, und die »Neue Freie Presse« könnte einer solchen Antwort aus Deiner Feder die Aufnahme kaum verweigern.
Ich drücke Dir herzlichst die Hand und grüße Dich in Treue, – obwohl ich es für meinen Theil lebhaft bedaure, |nicht mehr einen k. u. k. Regimentsarzt, sondern einen ganz gemeinen Reservisten als Freund zu besitzen.
Dein
 Paul Goldmann.
Herzlichen Gruß an Fräulein Olga!
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