Arthur Schnitzler an Felix Salten, [10.? 9. 1891]

|Donnerstg Abend.
Lieber Freund, komm nach Hause, spät Abends, finde Ihren Brief. Wie Sie in diesem Augenblick jedenfalls schon wissen, hab ich Ihnen bereits 2mal geschrieben. Der erste |Brief, den ich einfach an F. S. aus Wien in Miskolez adressirte, ist offenbar nicht angekommen, den zweiten mit der Hoteladresse, die ich im Café Kugel erfuhr und den ich heute Vormittag absandte, haben Sie wohl schon. Ihre Aufregung ist vollkommen |überflüssig – ich habe nichts erfahren, nichts, nichts, und was ich gesehn habe, ist, wie mein letzter Brief Ihnen wohl klar macht, harmlos genug. Und warum haben Sie denn plötzlich einen Rückfall? Bekommen­ Sie nicht regelmäßig Nachricht? |Sind die Briefe nicht so wie Sie sie wünschen? – Bitte, reclamiren Sie meinen ersten Brief bei der Post. Von mir selbst ist nichts neues zu melden. Und fern am Horizont – Sie wissen schon, da leuchtet |sie manchmal auf . .  – Zuweilen waren es wohl auch Blitze. Aber es ist wunderschön, wie sie »an meinen Schmerz heranzureichen« sucht, und die alte süße Lüge, daß es ja diesmal etwas andres, ach etwas ganz andres ist, bekommt |einen betäubenden Duft nach Wahrheit. – Schreiben Sie mir gleich wieder, wie es Ihnen geht, wie Sie Ihre Zeit verbringen. Wann kommen Sie zurück? Je eher, je lieber. Nicht wahr, wir reisen miteinander? Haben |Sie etwas gearbeitet? Waren Sie in Stimmung? Ja richtig, Ihr Stück hat sich neulich irgendwo ereignet – ein Offizier, der die Geliebte seines Untergebnen verführte – die nähern Umstände hab ich vergessen – auch |in welcher Zeitung ichs las, obwohl ich mir die Sache genau notiren wollte.
Also geben Sie mir bald, dh gleich Nachrichten über Ihr Befinden.
Herzlich Ihr
ArthSch
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