Anbei eine Be
scheinigung von
Thorel, dem ich die 500
Fr. ausgehändigt. Die
se
Be
scheinigung habe ich mir aus
stellen la
ssen, um gegenüber der
Société des Auteurs Dramatiques (durch welche hier das
Tantièmen-Ge
schäft geht)
|den
Darlehens-Character des von Dir gezahlten Betrages zu con
statiren. Heb’ Dir das
Billet gut auf!
Die
Übersetzung i
st
seit ge
stern in meinen Händen. Ich will
sie ein wenig
durch
schauen, dann
soll
sie copirt werden, und dann bekomm
st Du die Copie. Große
Schwierigkeiten macht uns das »
Josefstädter Theater«. In
Paris hat natürlich kein Men
sch eine Ahnung, was für ein Ding das i
st? Wie
soll man
das al
so im Franzö
si
schen um
schreiben, um dem Publicum den Eindruck des
|Vor
stadt-
Milieus zu geben?
Vielleicht einfach: »
un théâtre
du faubourg«?
Oder fällt Dir was Be
sseres ein.
Anbei auch ein
Ausschnitt aus un
serem
Blatte über eine die
ser Tage
vorgefallene Säbel-Affaire. Wenn Du
h das noch nicht gele
sen ha
st, wirds Dich intere
ssiren.
Durch die verfluchten
Russenfe
ste
habe ich noch keine Zeit gehabt, zu
Forain zu gehen. Das bleibt für näch
ste Woche.
Leo Fanjung war hier, mit dem ich mich rie
sig ge
sreut habe. Welch’
ein liebes Kind!
|Wie
schon mitgetheilt wurde, hat in
Karlsruhe ein
Offizier einen
Bürger ohne jede Veranla
ssung
niedergestochen. Ueber den
traurigen Vorgang erhalten wir von einem Augenzeugen zugleich nach den Mittheilungen
weiterer Augenzeugen eine Dar
stellung, die durchaus den Eindruck der Glaubwürdigkeit
macht. Wir geben
sie nach
stehend wieder, da der Vorgang zu einigen Bemerkungen an
die
ser Stelle Veranla
ssung gibt. Der Augenzeuge
schreibt:
Premierlieutenant
v. Brüsewitz begann mit
Siepmann einen Wortwech
sel, weil die
ser
angeblich beim Nieder
sitzen an
seinen Stuhl ge
stoßen
sein
soll, was übrigens
selb
st
von den mit
Siepmann am gleichen Ti
sche
sitzenden Per
sonen nicht bemerkt wurde.
Siepmann erwiderte, er wi
sse nichts davon, daß er
v. Brüsewitz angerempelt habe. Die
ser rief hierauf den
Wirth und forderte
ihn auf,
Siepmann hinauszuwei
sen, der nicht
wi
sse, wie er
sich zu betragen habe. Der
Wirth suchte die Beiden durch Zureden zu beruhigen, was ihm
an
scheinend auch gelang.
Siepmann verließ
dann das
Lokal, kam aber
gleich darauf wieder herein und
setzte
sich. Nach kurzer Zeit rief
v. Brüsewitz sehr laut: »Sie haben mich in brü
sker Wei
se
angerempelt und
sich nicht ent
schuldigt.«
Siepmann erwiderte: »Ich weiß nichts davon.« Daraufhin
sprang
v. Brüsewitz auf,
stellte
sich vor
Siepmann hin und
schrie: »Wollen Sie mich um
Ent
schuldigung bitten, ja oder nein, ja oder nein, ja oder nein?«
Siepmann blieb ruhig
sitzen und erwiderte
schließlich:
»Keine Antwort wird Ihnen auch genügen.« Daraufhin trat
v. Brüsewitz 2 bis 3 Schritte zurück,
schrie: »
Nein, das genügt mir ganz und gar nicht«, riß den Säbel aus
der Scheide und wollte mit hochge
schwungener Waffe auf
Siepmann eindringen. Der
Wirth und der Kellner fielen ihm jedoch in den Arm und
hielten ihn fe
st, während
Siepmann das
Lokal verließ und auf den Hof
ging.
v. Brüsewitz steckte
seinen Säbel ein,
setzte die Mütze auf, zog den Mantel an und rief dabei: »
Meine
Ehre ist kaput, ich bin ein todter Mann; morgen kann ich meinen Ab
schied
einreichen.« Mit die
sen Worten verließ er das
Lokal durch die nach der
Karlstraße führende Thür. Dort
stand ein
Schutzmann, bei dem
sich
v. Brüsewitz erkundigte, ob
Siepmann
das
Lokal verla
ssen habe.
Als die
ser das verneinte,
sagte
v. Brüsewitz:
»den muß ich abpa
ssen.«
Er holte dann zwei Feldwebel
herbei, denen er befahl, an der Thüre zu bleiben,
da er
bedroht sei. Er
selb
st ging von der
Kaiserstraße aus wieder in den zu den vordern Lokalen führenden Gang hinein.
Inzwi
schen hatten der
Wirth
und ein anderer Herr dem
Siepmann im Hofe
zugeredet, er
solle, um die Sache gütlich zu erledigen, am andern Tage zu
v. Brüsewitz gehen und
sich ent
schuldigen,
wozu er auch bereit
schien. Er bat den
Wirth, ihm
seinen Hut zu holen. Der
Wirth holte den Hut, und wollte
Siepmann vom Hofe auf den nach der
Kaiserstraße führenden Hausflur la
ssen. Als er
die Thür öffnete,
stand
v. Brüsewitz direkt
vor der Thür und wollte mit den Worten: »Wo i
st der
Schuft?« in den Hof eindringen. Der
Wirth faßte ihn am Arme und
rief ihm laut zu: »Herr
Lieutenant, der
Mann will
sich ja ent
schuldigen.«
Von
Brüsewitz erwiderte nichts, zog, als er
Siepmann erblickte, den Säbel und ging auf ihn los.
Siepmann ergriff die Flucht und rief: »Ich bitte um
Verzeihung, verzeihen Sie mir.« Am Ende des nur wenige Schritte langen Hofes, holte
v. Brüsewitz den
Siepmann, der die Thüre zum
Lokal nicht fand, ein und stach ihn
nieder. Als er die blutige Waffe wieder ein
steckte,
sagte er: »
So, jetzt ist meine Ehre gerettet,« und begab
sich dann durch das
Lokal ungehindert auf die
Straße.
Siepmann wurde von einigen Herren in
die Portier
stube auf ein Bett gebracht, wo er nach etwa einer halben Stunde
ver
schied. Der Säbel war auf der rechten Seite ungefähr 30
cm
tief eingedrungen und hatte die Leber und wahr
scheinlich noch andere Organe
durchbohrt. Die Wunde war ab
solut tödtlich, und die ärztliche Hilfe war
vergeblich.