Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 21. 12. [1895]

Fondateur M. L. Sonnemann.
Journal politique, financier,
commercial et littéraire.
Paraissant trois fois par jour. Paris, 21. December.
Bureau à Paris:

Schöne Geschichte, mein lieber Freund! Ich bekomme eben Deinen Brief, die Visitkarte ist darin, das Geld ist herausgenommen. Auf dem Umschlag ist ein Vermerk der französischen Post zu lesen, daß der Brief mit einer Öffnung von 2 Centimeter angekommen ist, welche Öffnung die Post gewissenhaft verklebt hat – nachdem das Geld herausgenommen worden. Zu machen ist da kaum etwas. Ich richte sofort eine Reclamation an die französische Post, wozu ich das Couvert brauche (sonst hätte ich dirs geschickt). |Du selbst hast hoffentlich schon auf Grund meiner Depesche reclamirt. Nützen wird es nichts; Gott weiß, wo in Europa das Geld sich jetzt herumtreibt. Die Post ist nicht haftbar; denn das Geld war nicht declarirt, und der Brief, wofür sie einzig haftet, ist angekommen. Frage immerhin einen Advokaten, ob man nicht auf Grund der von der Post selbst constatirten Beschädigung des Briefes einen Schadens-Anspruch erheben kann. |Aber, Kind, welche Unvorsichtigkeit! 3 Goldstücke im einfachen Couvert! Das muß man ja stehlen. Ich selbst würde es stehlen, wenn ich Postbeamter wäre. Warum hast Du mir keine Postanweisung geschickt? Das wäre sogar noch billiger gewesen.
Ich ärgere mich furchtbar, und ich denke nach, ob ich nicht irgendwie daran schuld bin, – aber nein, ich glaube nicht.
|Was nun?
Viele treue Grüße!
Dein
Paul Goldmnn.
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