mein lieber Arthur,
schon seit ich das Buch gelesen habe, wollte ich
Ihnen ein paar Worte über den Roman »
Therese«
sagen. Aber der letzte Monat war bei mir sehr unruhig, durch die beiden
Opernpremieren und verschiedenes Andere. Auch war ich dazwischen eine Woche in
Salzburg, um
Reinhardt bei einem
Film zu helfen, dies nur aus
dem Grund, weil es – im Fall des Gelingens – ein Stück Geld einträgt und ich alles
daran setzen möchte für
Christiane ein kleines
Haus in
Heidelberg zu kaufen (natürlich in den
bescheidensten Dimensionen) – denn die Wohnverhältnisse dort sind unerträglich.
Sie haben nicht auf mich gewartet, um zu hören, dass Sie in einer Epoche in der es
sehr wenige Meister gibt, ein Meister der Erzählung sind. In allen Ihren kurzen und
mittelgroßen Erzählungen ist ein wunderbar sicheres Maßgefühl wirksam – und dadurch,
durch ihre schönen Maße, bleiben sie auch so schön und lebendig in der Erinnerung.
|Dabei ist in ihnen alles mit
sparsamen aber sehr reinen Farben gemalt, die Abstufungen der Farbe mit dem
sichersten Instinct hingesetzt, das Ganze ist nie grellbunt, nie aber stumpf – von
den ungeheuren rhythmischen Vorzügen aber will ich gar nicht sprechen. Die große
Lebenserzählung
Therese aber hat mich besonders
gefesselt und beschäftigt. Schon der Stoff gehört ganz nur Ihnen. Indem Sie diesen
Stoff wählten: das Leben einer
Wiener Gouvernante
– war schon eine ganze Welt hingestellt, und ein großer Reichtum von Aspecten, Sti
mmungen, Gefühlen und gedankenhaften Halbgefühlen im
verstehenden Leser gesichert. Ganz besonders groß aber tritt Ihr Vorzug, einem Stoff
den Rhythmus zu geben, wodurch er Dichtung wird, hier hervor. Eben was dem stumpfen
Leser monoton scheinen kö
nnte, dass sich sozusagen die
Figur des Erlebnisses bis zur beabsichtigten Unzählbarkeit wiederholt, das hat Ihnen
ermöglicht, Ihre rhythmische Kraft bis zum Zauberhaften zu entfalten. Es sind diese
Vorzüge, die ein Kunstwerk über viele andere scheinbar ähnliche, bis zur
Unvergleichbarkeit erheben, und die
|es auf lange lebendig erhalten
werden.
Über
Christianes Vermählung freuen wir uns sehr. Sie
hat ein besonders liebenswertes Wesen, einen sehr schönen loyalen Character, viel
Verstand, aber einen menschlichen keinen frauenhaften, und gerade die subtilen Waffen
für den Lebenskampf, die nur der Frau, je mehr Frau sie ist, umso wirksamer gegeben
sind, sind ihr versagt. Es war vielleicht zu fürchten dass gerade der Mann, der ihren
Wert zu erkennen bestimmt war, sich unter den Besten dieser Generation, den
Gefallenen, befunden hätte. Aber
dieser gerade, den sie nun gefunden hat, ist aus vierjährigem
Schützengrabendasein munter und unversehrt hervorgestiegen.
Ich lernte ihn diesen
Winter in
Heidelberg kennen, und ich muss sagen, er gefiel mir sehr. Alles was er
sagte, und wie er es sagte, war mir gleich sympathisch. Dabei streifte mich nicht
einmal der Gedanke dass die
|zwischen ihm und
Christiane bestehende
muntere gesprächige Freundschaft je zu etwas anderem führen könnte, als eben zu
Freundschaft.
Dass Sie, wie ich von Freunden öfters gehört habe, an Ihrem
Schwiegersohn wirklich einen Freund
gewonnen haben, und eine Bereicherung Ihres Lebens, nehme ich als ein gutes Omen.
Ich drücke Ihnen herzlich die Hand, lieber guter Arthur.
Ihr Hugo.